Diamantschildkröte, Malaclemys terrapin, im Aquaterrarium mit Entengrütze – © Hans-Jürgen Bidmon

Guzy - 2025 - 01

Jacquelyn C. Guzy, Brian J. Smith, Mathew J. Denton, Michael S. Cherkiss, David C. Roche, Andrew G. Crowder & Kristen M. Hart (2025): Interpreting a Sudden Population Decline in a Long-Lived Species (Malaclemys terrapin rhizophorarum). – Ecology and Evolution 15(5): e71347.

Die Interpretataion eines plötzlichen Populationseinbruch bei einer langlebigen Art (Malaclemys terrapin rhizophorarum).

DOI: 10.1002/ece3.71347 ➚

Diamantschildkröte, Malaclemys terrapin – © Hans-Jürgen Bidmon
Diamantschildkröte,
Malaclemys terrapin,
im Aquaterrarium
© Hans-Jürgen Bidmon

Langfristige ökologische Studien sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Einblicke in die Populationsdynamik zu gewinnen und den Rückgang von Populationen zu erkennen, insbesondere bei Arten, die unter Naturschutz stehen. Allerdings erschweren räumliche und zeitliche Variationen sowie logistische Herausforderungen die Identifizierung plötzlicher Populationsrückgänge. Wir haben eine Studie zur Wiedererfassung von Mangroven-Diamantschildkröten (Malaclemys terrapin rhizophorarum) im Big Sable Creek im Everglades National Park, Florida, durchgeführt. Wir verwendeten einen 18-Jahres-Datensatz (2001 bis 2019), der das Jahr, das Geschlecht, das Auftreten von Wirbelstürmen und den Probenahmeaufwand umfasst, um die Überlebensrate mithilfe von Cormack-Jolly-Seber (CJS)-Modellen in Program Mark zu schätzen. Die jährlichen Überlebensschätzungen waren von 2001 bis 2003 für beide Geschlechter hoch (91 %-96 %) und variierten von 2006 bis 2014 (77 %-92 %). Ab 2015 zeigten die Überlebensschätzungen einen steileren Rückgang (Weibchen: 65 %, Männchen 75 %) und fielen bis 2018 auf unter 36 %. Da die Ursache für diesen offensichtlichen Populationsrückgang unbekannt ist, haben wir eine Populationsprognosematrix erstellt und die modellgeschätzte jährliche Überlebensrate verwendet, um die jährliche Populationsgröße der Schildkröte zu simulieren. Anschließend erstellten wir konkurrierende Szenarien mit geringer Überlebensrate in verschiedenen Altersklassen, um zu versuchen, einen simulierten Rückgang zu reproduzieren, der das widerspiegelt, was wir anhand unserer Fangdaten beobachtet haben. Ein Szenario mit geringer Überlebensrate (75-85 %) von 2012 bis 2018, möglicherweise in Verbindung mit einer fehlenden Reproduktion nach 2010, liefert Schätzungen der Abundanz, die mit der simulierten jährlichen Populationsgröße übereinzustimmen scheinen, und könnte darauf hindeuten, dass die Abwanderung von Erwachsenen bzw. das durch Menschen verursachte Absammeln oder ein drastischer Rückgang der Rekrutierung für den offensichtlichen Rückgang der Überlebensrate verantwortlich sein könnte. Wir untersuchen die Gründe für diesen scheinbaren Rückgang und weisen auf Schwierigkeiten hin, die bei Langzeitstudien auftreten und die Interpretation des Rückgangs beeinflussen können.

Kommentar von H.-J. Bidmon

In dieser Langzeitstudie konnten die Gründe für den Populationsrückgang nicht eindeutig geklärt werden. Allerdings konnten zumindest einige mögliche Ursachen wie Verluste durch die Krabbenfischerei oder Straßentod aufgrund der Lage des Untersuchungsgebiets als unwahrscheinlich ausgeschlossen werden. Ebenso gab es keine Zunahmen in Bezug auf die Beutegreifer. Daher sind andere Faktoren wesentlich wahrscheinlicher für die Erklärung der rapiden Populationseinbrüche. Was hier wenig angesprochen wurde oder allgemein unter dem Thema Reproduktion etwas zu kurz kommt könnte physiologische, hormonelle Ursachen beinhalten. Denn für die Everglades war bekannt, das hormonell wirksame Substanzen die mit dem Abwasser eingeleitet wurden selbst bei Alligatoren zu einer zunehmenden Verweiblichung führen können. Fakt bleibt aber, dass selbst in solchen abgelegenen und geschützten Habitaten anscheinend drastische Populationseinbrüche nicht zu verhindern sind. Siehe dazu auch: Bidmon (2019), Mullin et al. (2020).

Literatur

Bidmon, H.-J. (2019) Kommentar zu Schneider, A. C., T. W. Arnold, P. W. Huber & T. L. Lewis (2018): An 18-Year Mark-Recapture Study of Wood Turtles (Glyptemys insculpta) in Michigan. – Journal of Herpetology 52(2): 193-200 oder Abstract-Archiv.

Mullin, D. I., R. C. White, A. M. Lentini, R. J. Brooks, K. R. Beriault & J. D. Litzgus (2020): Predation and disease limit population recovery following 15 years of headstarting an endangered freshwater turtle. – Biological Conservation 245: 108496 oder Abstract-Archiv.

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