Mollie L. Rickwood, Eve Tucker, Damla Beton, Sophie Davey, Brendan J. Godley, Robin T. E. Snape, Erik Postma & Annette C. Broderick (2025): Individual plasticity in response to rising sea temperatures contributes to an advancement in green turtle nesting phenology. – Proceedings of the Royal Society B-Biological Sciences 292(2041): 20241809.
Individuelle Plastizität als Reaktion auf steigende Meerestemperaturen trägt zu einer Weiterentwicklung der Nistphänologie der Grünen Meeresschildkröte bei.

Chelonia mydas,
© Hans-Jürgen Bidmon
Phänologische Veränderungen (d. h. Verschiebungen im zeitlichen Ablauf biologischer Ereignisse) gehören zu den am häufigsten berichteten Reaktionen auf der Bestandsebene auf den Klimawandel und werden oft als anpassungsfähig angesehen und erhöhen die Lebensfähigkeit der Population. Diese können sowohl durch phänotypische Plastizität auf individueller Ebene als auch durch evolutionäre und demografische Veränderungen auf Bevölkerungsebene bedingt sein. Allerdings haben nur wenige Studien untersucht, wie Prozesse auf individueller Ebene im Vergleich zu Prozessen auf Populationsebene phänologische Trends beeinflussen. Anhand eines 31-jährigen Datensatzes von über 600 individuell markierten nistenden Suppenschildkröten (Chelonia mydas) quantifizieren wir den zeitlichen Trend auf Populations- und individueller Ebene in Bezug auf ihr erstes Nistdatum. Von letzterem sind etwa 30 % auf die individuelle phänologische Plastizität als Reaktion auf die Meeresoberflächentemperatur zurückzuführen, wobei die Weibchen ihre Nistzeit mit jedem Grad Celsius Anstieg um 6,47 Tage vorverlegen. Die verbleibende Veränderung lässt sich fast ausschließlich durch Veränderungen auf individueller und Populationsebene in Bezug auf Größe und Bruterfahrung (Korrelate des Alters) sowie die Anzahl der pro Saison gelegten Eier erklären. Dies ist die erste Studie über phänologische Veränderungen auf individueller Ebene bei einer marinen Ektothermen, die unser Verständnis dafür erweitert, wie diese und ähnliche Arten auf steigende Temperaturen reagieren könnten.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Ein deutliches Anzeichen für eine Anpassung an den Klimawandel der sicherlich auch im Hinblick darauf, dass Meeresschildkröten auch Niststrände in nördlicher gelegenen Regionen mancherorts verlagern, deutet doch daraufhin, dass zumindest manche Lokalnistpopulation wie schon in früheren Warmphasen des Planeten überleben könnten. Sicher stellen solche Verschiebungen dann Rückzugsgebiete dar, aber so etwas hat es ja für viele Arten schon mehrfach gegeben. Deshalb meine ich, dass wir als Menschen uns eigentlich fast schon mehr Sorgen um unsere eigenen Rückzugsgebiete machen sollten als die für Meeresschildkröten. Zumal unsere Überbevölkerung uns heute schon kaum noch genug Platz lässt!
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Chelonia mydas – Grüne Meeresschildkröte
