Tromp, Jared J., Melissa N. Staines, Jacques-Olivier Laloë & Graeme C. Hays (2025): Local Adaptation May Help Mitigate Feminisation of Sea Turtle Populations Globally. – Global Change Biology 31(9): e70458.
Lokale Anpassungen könnten dazu beitragen, die Feminisierung der Meeresschildkröten-Populationen weltweit abzuschwächen.
DOI: 10.1111/gcb.70458 ➚

Dermochelys coriacea,
© Jeanette Wyneken
Die Klimaerwärmung bedroht derzeit viele Arten mit dem Aussterben, insbesondere solche mit begrenzter Anpassungsfähigkeit. Bei Meeresschildkröten ist das Geschlecht temperaturabhängig, wobei bei wärmeren Inkubationstemperaturen weibliche Jungtiere entstehen; daher könnte die Klimaerwärmung zu einer Feminisierung der Populationen führen. Jüngste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Klimaerwärmung die Anpassungsfähigkeit der Schildkröten durch phänologische Verschiebungen beim Nisten übersteigen wird. Hier untersuchen wir 138 veröffentlichte Schätzungen zum Geschlechterverhältnis der Jungtiere für sieben Meeresschildkrötenarten und alle Ozeanbecken. Wir bewerten, ob Schildkröten in der Lage sind, sich durch lokale Anpassungen der kritischen Temperatur, bei der sie eine ausgewogene Anzahl männlicher und weiblicher Jungtiere hervorbringen, an steigende Temperaturen anzupassen. Wir zeigen, dass an wärmeren Standorten ein geringerer Anteil weiblicher Jungtiere produziert wird, als aufgrund der allgemeinen Beziehungen zwischen Geschlechterverhältnis und Inkubationstemperatur zu erwarten wäre, die bisher für alle Meeresschildkrötenarten verwendet wurden. Dies deutet auf eine lokale Anpassung der kritischen Temperatur (d. h. der Temperatur, bei der ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis der Jungtiere entsteht) hin, wie eine Analyse von 33 kritischen Temperaturen an Standorten weltweit zeigt, die generell höhere kritische Temperaturen an wärmeren Standorten ergab und damit frühere Arbeiten bestätigt. Diese Ergebnisse deuten auf eine lokale Anpassung der kritischen Temperaturen hin, die die Produktion männlicher Jungtiere an wärmeren Standorten begünstigen und somit zur Lebensfähigkeit der Population beitragen könnte. Diese Ergebnisse legen nahe, dass das Geschlechterverhältnis der Meeresschildkröten-Jungtiere widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel ist als bisher angenommen.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Diese Arbeit ist eine der wenigen, die aufzeigt, dass Meeresschildkröten sich auch lokal an klimatische Veränderungen anpassen können. Sicher mag das nicht überall gelingen, aber es stimmt doch hoffnungsvoll, dass sie zu Cheloniern zählen, die wie wahrscheinlich auch schon in der Vergangenheit verschiedenste Klimaszenarien überdauern konnten, sodass zumindest dieser Stammbaum sich erhalten kann. Wie er sich in der Zukunft dann weiter differenzieren wird, kann nur die Zukunft zeigen. Allerdings stimmen solche Arbeiten wie jene von Thomson et al. (2021) zuversichtlich, dass selbst gravierende Umweltveränderungen nicht nur Tod bringen, sondern auch einen Neuanfang induzieren können. Wir sehen zwar beim Vergleich der japanischen Flora mit jener der anderen Kontinente immer noch deutliche Unterschiede in der Artenvielfalt, weil Japan von den letzten Eiszeiten verschont geblieben ist, aber auch jene Landmassen, die von den Eiszeiten betroffen waren, sind zwar artenärmer aber immer noch besiedelt.
Literatur
Thomson, R. C., P. Q. Spinks & H. B. Shaffer (2021): A global phylogeny of turtles reveals a burst of climate-associated diversification on continental margins. – Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 118(7): e2012215118 oder Abstract-Archiv.
Galerien
Caretta caretta – Unechte Karettschildkröte
Dermochelys coriacea – Lederschildkröte
Lepidochelys kempii – Atlantik-Bastardschildkröte
