Chinesische Dreikielschildkröte, Mauremys reevesii, einjähriges Jungtier im Aquaterrarium – © Hans-Jürgen Bidmon
Featured

Gan - 2025 - 01

Gan, Lin, Jiahui Sun & Hong Li (2025): Effects of hormones and digestive tract morphology on personality-driven foraging behaviour in the turtle Mauremys reevesii. – Animal Behaviour 221: 123069.

Auswirkungen von Hormonen und der Morphologie des Verdauungstrakts auf das persönlichkeitsbedingte Futtersuchverhalten der Schildkröte Mauremys reevesii.

DOI: 10.1016/j.anbehav.2024.123069 ➚

Chinesische Dreikielschildkröte, Mauremys reevesii, – © Hans-Jürgen Bidmon
Chinesische Dreikielschildkröte,
Mauremys reevesii,
einjähriges Jungtier im Aquaterrarium
© Hans-Jürgen Bidmon

Die Persönlichkeit von Tieren kann das Futtersuchverhalten beeinflussen. Die Hypothese des Zustands-Verhaltens-Feedbacks besagt, dass Persönlichkeitsunterschiede, die die Futtersuchstrategien beeinflussen, durch ihre physiologischen Zustände beeinflusst werden können. Appetithormone wie Leptin und Ghrelin spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des Futtersuchverhaltens des Wirttieres. Darüber hinaus ist der Verdauungstrakt für die Verdauung und Aufnahme von Nährstoffen unerlässlich, was mit der Futterverwertung und dem Futtersuchverhalten des Tieres zusammenhängt. Die mögliche Rolle von Appetithormonen und der Morphologie des Verdauungstrakts als Grundlage für ein persönlichkeitsbedingtes Futtersuchverhalten ist jedoch noch unklar. Daher haben wir in dieser Studie die Chinesische Dreikielschildkröte verwendet, um zu untersuchen, wie sich das Persönlichkeitssyndrom „Mut-Erkundung“ auf die Nahrungsaufnahme auswirkt und inwiefern es mit morphologischen Merkmalen, Hormonen und der Morphologie des Verdauungstrakts zwischen verschiedenen Persönlichkeitstypen zusammenhängt. Wir haben einen positiven Zusammenhang zwischen der Persönlichkeit „Mut-Erkundung“ und dem physiologischen Zustand festgestellt; mutigere und neugierigere Schildkröten hatten eine höhere Nahrungsaufnahme, eine geringere Magen- und Darmmasse sowie einen kürzeren Magen und Darm. Es wurden jedoch keine Unterschiede in der Morphologie und den Serum-Leptin- und Ghrelin-Konzentrationen zwischen diesen beiden Persönlichkeitstypen festgestellt. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Persönlichkeit das Futtersuchverhalten beeinflussen könnte, wahrscheinlich aufgrund ihrer Verbindung mit der Morphologie des Verdauungstrakts. Diese Ergebnisse liefern neue Belege für verhaltensphysiologische Anpassungsmechanismen in der Tierpersönlichkeit, was darauf hindeutet, dass das persönlichkeitsbezogene Futtersuchverhalten mit dem physiologischen Zustand korrelieren könnte. Individuen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten können ihr Futtersuchverhalten auf der Grundlage ihrer Verdauungstrakt-Morphologie anpassen. Diese Zusammenhänge können zu einer individuellen Ernährungsspezialisierung führen und dazu beitragen, dass verschiedene Persönlichkeiten in der Natur potenziell ähnliche Fitnesserwartungen haben.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Sicher kann die Persönlichkeit wie z.B. etwas mehr Risikobereitschaft dazu beitragen, dass sich ein Lebewesen mehr oder auch größere Beute einverleibt als ein eher ängstlicheres Individuum. Allerdings wie die Autoren hier festgestellt haben, unterschieden sich bei diesen unterschiedlichen Persönlichkeiten die gemessenen Hormonwerte nicht was vielleicht auch daran gelegen haben mag, dass diese Hormone eher in die Steuerung der Verdauung des Gefressenen als in dessen Beschaffung involviert sind. Allerdings ist zumindest für daraufhin getestet Säugetiere bekannt, dass Hunger die Risikobereitschaft bei der Nahrungsbeschaffung erhöht (z.B. Bao et al., 2025; Kamath et al., 2025). Warum sollte das, was man bei Vögeln und Säugern findet nicht auch bei Reptilien eine Rolle spielen. Wobei wir hier den Einfluss des Darmmikrobioms auf Verhaltensweisen noch gar nicht in die Betrachtungen einbezogen haben. Insofern stellt sich hier schon die Frage, ob es sich nur um Beobachtungen handelt, die an einer viel größeren Individuenzahl und Faktorenanalyse verifiziert werden müsste?

Literatur

Bao, X.-Y., J.-J. Xin, Y.-X. Ye & C.-S. Hu (2025): Feedback on Escape Behavior of Birds Under Different Hunger Pressure. – Ecology and Evolution 15(1): e70866; DOI: 10.1002/ece3.70866 ➚.

Kamath, T., B. Lodder, E. Bilsel, I. Green, R. Dalangin, P. Capelli, M. Raghubardayal, J. Legister, L. Hulshof, J. B. Wallace, L. Tian, N. Uchida, M. Watabe-Uchida & B. L. Sabatini (2025): Hunger modulates exploration through suppression of dopamine signaling in the tail of striatum. – bioRxiv [Preprint] 2024.11.11.622990; DOI: 10.1101/2024.11.11.622990 ➚.

Galerien