Falsche Spitzkopfschildkröte, Pseudemydura umbrina, – © Gerald Kuchling

Kuchling - 2006 - 03 (2)

Kuchling, G. (2006): An ecophysiological approach to captive breeding of the swamp turtle Pseudemydura umbrina. In: Artner, H., Farkas, B. & V. Loehr (Eds.); Turtles: Proceedings of the International Turtle & tortoise Symposium, Vienna 2002. – Edition Chimaira 196-225.

Ein ökophysiologischer Ansatz zur Nachzucht der Falschen Spitzkopfschildkröte, Pseudemydura umbrina in menschlicher Obhut.

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Falsche Spitzkopfschildkröte, Pseudemydura umbrina, – © Gerald Kuchling
Falsche Spitzkopfschildkröte,
Pseudemydura umbrina,
© Gerald Kuchling

Teil 2/2

Wenn ich mir überlege, dass Kuchling diese Rettungsaktion vor fast 30 Jahren realisierte und auf die Dinge (privat erworbenes Wissen) verwies, die dazu führten, dass das möglich wurde, frage ich mich wirklich ob wir die Möglichkeiten zur privaten Exotenhaltung wie wir sie derzeit hier auf politischer Ebene diskutieren gerechtfertigt sind? Was würden wir an Wissen verlieren wenn wir darauf verzichten würden? Ja selbst wir hier in Deutschland und Europa haben Erfahrung damit, denn die Nachzuchtprogramme für fast gänzlich ausgerottete asiatische Schildkröten im Zoo Münster und im Zoo Rotterdam gehen sicher auch auf das private Engagement von Elmar Meier und Henk Zwaarteporte zurück. Die Exotenhaltung sehe ich dabei auch nicht als das Problem an, denn ich kenne etliche private Halter die wirklich mehr Wissen über artgerechte Haltungsbedingen und Nachzuchtbedingungen für bedrohte Arten entwickelt haben als man an den üblichen Ausbildungsstätten wie Universitäten in einem offiziell angeboten Curriculum erlernen könnte. Ja und diese Privatleute können auch meist schnell und eigenverantwortlich handeln und Haltungs- und Zuchtbedingungen umstellen und anpassen. Sie hängen naturgemäß meist nicht unbedingt am Tropf der oftmals finanzknappen so genannten „Öffentlichen Hand“. Ja die Vergangenheit gibt diesen privaten Rettungsaktionen weltweit durchaus Recht wie in dem Buch, The invisible Arche von Barker & Barker (2014) beschrieben wird. Insofern sollten wir uns wirklich gegen ein Verbot der Exotenhaltung einsetzen. Wir sollten als verantwortliche Gesellschaft auf dieses Wissenspotential nicht verzichten, denn Lebensräume werden auch weiterhin verschwinden und entweder dem weltweiten Ausbau der Landwirtschaft, dem Verkehrswegeausbau und der Industrialisierung zum Opfer fallen. Es wäre zu kurz gedacht dies zu leugnen! Allerdings was wir heute in Anbetracht dessen was wir gelernt haben auch klar sehen sollten ist, dass der internationale Wildtierhandel auch ein zunehmend größer werdendes Problem für die Arterhaltung in der Natur darstellt. Ja und hier muss ich ganz klar dafür plädieren, dass der Handel mit Wildfängen heute nicht mehr zeitgemäß ist und den Bestand und das Überleben vieler Arten weltweit zunehmend bedroht. Zudem wissen wir, dass wir so gut wie alles was an Arten für die Exotenhaltung von Interesse ist heute schon in Europa und den USA vorhanden ist. Deshalb stellt sich klar die Frage wozu brauchen wir Importe von Wildfängen? (Siehe auch Vinke & Vinke, 2015). Wäre es nicht besser sich auf die erfolgreiche Nachzucht dessen was wir heute schon zur Verfügung haben zu konzentrieren und diese zu verbessern und zu managen. Hier können wir Arterhaltung in gemanagten Metapopulationen fördern und besser organisieren auch ohne, dass wir die Ressourcen weiter ausbeuten. Denn wir brauchen auch die Erhaltung der natürlichen Populationen, ihrer Habitate und die damit verbundene Ökosystemstabilität durch natürliche Artenvielfalt. Für mich ist es völlig unverständlich warum wir Exotenbörsen nicht als reine Nachzuchtbörsen betreiben und auch als solche deklarieren und realisieren, als auf Rechte zu pochen die sowieso langfristig unhaltbar sind und die in Übereinkunft mit der Gesellschaft und der Politik für uns Exotenhalter wohl mehr Porzellan zerschlagen als uns langfristig zielführend weiterhelfen. Ich denke wir sollten die Verantwortlichen in unseren Organisationen und Vereinen darauf hindrängen diese Zielsetzung zu vertreten und umzusetzen. Alles andere wäre eine Form von, ich möchte mal sagen, „Altersstarrsinn“ der nicht mehr zeitgemäß ist und sich langfristig als kontraproduktiv erweisen wird. Berufe und Geschäftsideen sind wie alles in der Natur und somit auch in einer lebendigen Gesellschaft dem Wandel unterworfen. Letzteres gilt auch für den Tierhandel! Übrigens große wirtschaftlich gut geführte Konzerne engagieren heute schon spezielle Unternehmensberater zur Entwicklung neuer Konzepte für nachhaltiges Produzieren und zukunftsweisendes Marketing als Investition in die Zukunft und geben ihr Geld nicht für Juristen aus die dafür kämpfen sollen die Gegenwart zu manifestieren, denn sie haben wohl zwangsweise begriffen, dass es auch weiterhin eine Gegenwart nur geben kann wenn man für die Zukunft vorausplant.
Auch in diesem Sinne nochmals einen guten Rutsch!

Literatur

Barker, D. G. & T. M. Barker (2014): The Invisible Ark: In Defense of Captivity. – VPI Library, Boerne, TX, USA, pp. 1-169.

Pauler, I. (1981): Nourriture special pour les tortues d’eau douce. – Bulletin de la Société Herpétologique de France 19: 15-16.

Vinke, T. & S. Vinke (2015): Kann und darf Illegales in der Europäischen Union legal sein? – Schildkröten im Fokus 12(1): 30-35 ➚.

 

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