Hooftman - 2011 - 01

Hooftman, D.A.P. & J.M. Bullock (2011): Mapping to inform conservation: A case study of changes in semi-natural habitats and their connectivity over 70 years. – Biological Conservation 145(1): 30-38

Kartographische Darstellung als Information für die Erhaltungsbiologie: Eine Fallstudie zum Wandel von semi-natürlichen Habitaten und deren Konnektivität während der letzten 70 Jahre.

DOI: 10.1016/j.biocon.2011.09.015 ➚

Die Intensivierung der menschlichen Nutzung hat zu dramatischen Verlusten an seminatürlichen Habitaten geführt und gleichzeitig zu abnehmender Konnektivität zwischen den verbliebenen Habitatfragmenten. Eine zukünftige erfolgreiche Wiederherstellung sollte daher sowohl die natürliche Fläche von Habitaten anwachsen lassen, als auch deren Konnektivität erhöhen. Ein erster Schritt zur Erreichung dieses Ziels wird hier adressiert indem wir die, in der Vergangenheit erfolgten Veränderungen, darstellen. Wir präsentieren eine dahingehend bislang einzigartige Methode, nämlich die Analyse einer großen Fläche (2500 km2) bei hoher Auflösung der Daten (25×25 m) und während einer langen Periode (70 Jahre) unter Anwendung eines Systems zur Translation (Überführung) von Karten zur Landnutzung hin zu Karten zur Darstellung großer Habitattypen, die wir an Hand von Bodenanalysen erarbeiten. Wir digitalisierten dazu Landnutzungskarten von 1930 aus dem Dorset County im südlichen England. Die resultierenden Landnutzungskarten wurden dann mit den Landnutzungskarten von 2000 (UK Land Cover Map of 2000) abgeglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass für unsere Beispielregion die Landnutzung dramatischen Veränderungen unterworfen war, hin zu mehr landwirtschaftlicher Nutzung, wobei 97 % aller seminatürlicher Graslandschaften zu landwirtschaftlich hochwertigen Weiden oder Äckern umgewandelt worden waren. Davon waren auch große Teile der Moor- und Heidelandschaft (57 %) betroffen. Ein weiterer wichtiger Aspekt betraf die Abholzung der Wälder (+25 %). Die größeren Habitate waren stark fragmentiert worden, wobei die Größe der schon damals vorhandenen Fragmente (Parzellen z.B. Waldstücke, Moorfläche etc.) je nach Typ um 31-94 % abgenommen hatte. Zudem hatte die Konnektivität zwischen den Fragmenten drastisch (um 98 %) abgenommen. Analysen wie diese quantifizieren nicht nur das Ausmaß und das Muster des Habitatverlusts – nein –, sie sind auch wichtige Informationen zur Erstellung von Landnutzungsplänen mit dem Ziel die Biodiversität zu erhöhen. Dies kann sowohl durch die Vergrößerung der Habitate, als auch durch zunehmende Wiederherstellung der Konnektivität geschehen. Im Anschluss diskutieren wir mögliche Schritte zur Umsetzung der Ziele.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit bezieht sich weder auf Schildkröten, noch auf einen Landstrich, in dem sie vorkommen oder vorgekommen wären. Allerdings werden essentielle Arbeitsmethoden zum Habitaterhalt und damit zum Artenschutz aufgezeigt (siehe Lee 2011). Insbesondere wenn man nach klar belegten Beispielen (zum Habitatverlust bzw. Habitatveränderungen) gefragt wird, sind solch exakte Beispiele hilfreich. Ja und letztendlich sollten wir uns auch nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass auch die Entwicklung weltweit diesen Weg nimmt, wobei auch Schildkrötenhabitate betroffen sind und auch weiterhin betroffen sein werden (siehe z. B. Walker 2010, Gerlach 2008). Dadurch werden Habitate und die darin lebenden Populationen geschützter Tiere und Pflanzen weltweit kleiner und mit der Seltenheit steigt fast zwangsläufig auch deren Schutzstatus, zumindest aus Sichtweise der Politik und damit auch der Druck in Bezug auf die Haltung bedrohter Arten. Vor diesem Szenario sollte man sich rechtzeitig darauf besinnen, wie man reagieren will, und insofern halte ich die Ablehnung von z. B. Importen für wesentlich. Es gibt ja durchaus einige Vertreter, die der Sichtweise entgegen stehen, den Profi-Börsenhandel kritisch zu betrachten und das mit der Vorsicht begründen, den Gegnern unseres Hobbies nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen zu wollen. Ich aber denke, wenn man nicht klar darauf pocht, den Inlandshandel sowie den innereuropäischen Handel nur mit „heimischen“ Nachzuchten zu bestreiten, bleiben die Zielsetzungen im internationalen Artenschutz wirkungslos und wir nehmen uns gleichzeitig die Möglichkeit, den Behörden gegenüber nicht nur guten Willen, sondern auch tatsächliche, erfolgversprechende Konsequenz zu demonstrieren. Dazu gehören sicherlich auch die gut gemeinten Zuchtbuch-Initiativen. Allerdings werden dort meist nur Tiere gelistet. Bislang kenne ich aber keine einzige übergreifende Zuchtplanung, die darauf hinauslaufen würde, den Genpool möglichst breit zu halten. Davon wird es aber – zumindest wenn man das Ziel verfolgt Erhaltungsbestände aufzubauen – abhängen, ob das auch langfristig ohne Neuimporte (ob legal oder illegal) zu realisieren sein wird. Letztendlich hängt davon auch die wirklich langfristig vorausschauend gedachte Akzeptanz durch die Behörden ab, denn mit zunehmendem, kaum zu stoppenden Ressourcenverbrauch wird der internationale Druck auf die nationale und die EU-Gesetzgebung größer. Man wird deshalb auf die Präsentation solider praktikabel implementierter Vorgehensweisen angewiesen sein, um (wenn nicht heute, dann aber in 10 oder 30 Jahren) gut dazustehen. Zumindest als Schildkrötenhalter mit Tieren, die eine ausgesprochen lange Generationenabfolge haben, sollte man so planen. Das ist meine Meinung, aber ich würde zumindest erwarten, dass man sich auch mal anderen Ortes dazu ernsthafte und vor allem vorausschauende Gedanken macht, zumal heute schon Arbeiten erscheinen, die auch aus anderen Gründen den Aspekt des internationalen Handels kritisch sehen (der Sluijs et al. 2011, Farrer et al. 2011).

Literatur

der Sluijs, A. S., A. Martel, E. Wombwell, P. Van Rooij, R. Zollinger, T. Woeltjes, M. Rendle, F. Haesebrouck, & F. Pasmans (2011): Clinically healthy amphibians in captive collections and at pet fairs: A reservoir of Batrachochytrium dendrobatidis. – Amphibia-Reptilia 32(3): 419-423.

Farrer, R. A., L. A. Weinert, J. Bielby, T. W. Garner, F. Balloux, F. Clare, J. Bosch, A. A. Cunningham, C. Weldon, L. H. du Preez, L. Anderson, S. L. Pond, R. Shahar-Golan, D. A. Henk & M. C. Fisher (2011): Multiple emergences of genetically diverse amphibian-infecting chytrids include a globalized hypervirulent recombinant lineage. – Proceedings of the National Academy of Science U.S.A.: 108 (46): 18732-18736.

Gerlach, J. (2008): Fragmentation and demography as causes of population decline in Seychelles freshwater turtles (Genus Pelusios). – Chelonian Conservation and Biology 7(1): 78-87 oder Abstract-Archiv.

Lee, H. (2011): Climate change, connectivity, and conservation success. – Conservation Biology 25(6): 1139-1142 oder Abstract-Archiv.

Walker, R. C. J. (2010): The decline of the critically endangered northern Madagascar spider tortoise (Pyxis arachnoides brygooi). – Herpetologica 66(4): 411-417 oder Abstract-Archiv.