Keck, F., T. Peller, R. Alther, C. Barouillet, R. Blackman, E. Capo, T. Chonova, M. Couton, L. Fehlinger, D. Kirschner, M. Knüsel, L. Muneret, R. Oester, K. Tapolczai, H. Zhang & F. Altermatt (2025): The global human impact on biodiversity. – Nature 2025: Epub ahead of print.
Die globalen menschlichen Auswirkungen auf die Biodiversität.
DOI: 10.1038/s41586-025-08752-2 ➚
Menschliche Aktivitäten führen zu einem breiten Spektrum von Umweltbelastungen, einschließlich der Veränderung von Lebensräumen, der Verschmutzung und des Klimawandels, was zu noch nie dagewesenen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt führt (IPBES, 2019; Díaz et al., 2019). Trotz jahrzehntelanger Forschung sind die Verallgemeinerungen über die Dimensionen und das Ausmaß der Auswirkungen des Menschen auf die biologische Vielfalt jedoch nach wie vor nicht eindeutig. Es gibt nach wie vor unterschiedliche Auffassungen über die Entwicklung der biologischen Vielfalt auf lokaler Ebene (Primack et al., 2018) und noch mehr über die biotische Homogenisierung der biologischen Vielfalt im Raum (Dornelas et al., 2023; Blowes et al., 2024). Wir haben 2.133 Veröffentlichungen zu 97.783 betroffenen Standorten und Referenzstandorten zusammengestellt und damit einen unvergleichlichen Datensatz von 3.667 unabhängigen Vergleichen der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt für alle wichtigen Organismengruppen, Lebensräume und die fünf wichtigsten menschlichen Einflüsse geschaffen (Díaz et al., 2019; Mazor et al., 2018). Für alle Vergleiche haben wir drei Schlüsselmaße der biologischen Vielfalt quantifiziert, um zu beurteilen, wie diese menschlichen Einflüsse die Homogenisierung und Verschiebung der Zusammensetzung biologischer Gemeinschaften im Raum bzw. Veränderungen der lokalen Vielfalt vorantreiben. Wir zeigen, dass menschliche Einflüsse die Zusammensetzung von Lebensgemeinschaften deutlich verändern und die lokale Vielfalt in Land-, Süßwasser- und Meeresökosystemen verringern. Im Gegensatz zu den langjährigen Erwartungen gibt es jedoch keine eindeutige allgemeine Homogenisierung der Gemeinschaften. Entscheidend ist, dass die Richtung und das Ausmaß der Veränderungen der biologischen Vielfalt je nach Belastung, Organismen und Maßstab, auf dem sie untersucht werden, variieren. Unsere umfassende globale Analyse zeigt die allgemeinen Auswirkungen und die wichtigsten vermittelnden Faktoren menschlicher Einflüsse auf die biologische Vielfalt auf und kann als Maßstab für die Erhaltung dienen.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Diese Arbeit bezieht sich nicht direkt auf Schildkröten und erwähnt bestenfalls Reptilien, bezieht aber etliche Studien mit ein, auf denen die Ausführungen basieren. Dabei macht diese Arbeit klar, dass es trotz der Einflussnahme des Menschen nicht nur um Artenverlust und „Arten-Homogenisierung“ geht, sondern dass auch die Differenzierung dabei nicht zum Erliegen kommt und weitergeht. Zwar lokal mit unterschiedlichem Ausmaß, aber dennoch in allen Bereichen, Land, Süßwasser und Meer. Dabei führen die Autoren aus, dass diese Homogenisierung in der Hauptsache auf einer Umverteilung (oder Verbreitungsgebietsverschiebungen) von Arten beruht. Die sehen wir ja auch deutlich, wenn wir uns die Landflächen anschauen die wir als Agrarflächen nutzen (Jedes Feld oder jede Plantage eine homogene Fläche mit nur einer einzigen dominierenden Art). Auch Tropenwaldabholzung sowie Wiederaufforstungsprogramme tragen zur Homogenisierung und meist zum Artenschwund bei. Ja, und diesbezüglich liefern uns auch wieder gerade die als invasiv bezeichneten Schildkrötenspezies mit eines der besten Beispiele für eine weltweite „homogene“ Verbreitung durch den Menschen (siehe dazu auch Bidmon, 2024 und die dortige Literatur). Ja, und da sind wir nicht gerade besser, denn man kann auch gleichzeitig mit anmerken, dass der auf den Homo sapiens bezogene Slogan „Out of Africa“ dazu führte, dass sich unsere Spezies fast homogen über die ganze Welt verbreitet hat und somit nicht nur den Artenschwund, sondern auch durch seine eigene homogene Verbreitung die Homogenisierung für die diesen Planeten mitbewohnenden Spezies eingeleitet hat. Es stellt sich auch die Frage wie wir die Künstliche Intelligenz (KI) nutzen, die uns sicher hilft die für den Natur- und Klimaschutz notwendigen gewaltigen Datenmengen zu analysieren und entsprechende Maßnahmen zu modellieren, zu implementieren und deren Wirksamkeit zu überprüfen. Allerdings wie sich derzeit schon abzeichnet nutzen wir KI genauso wie die Sozialen Medien im Überfluss und kümmern uns kaum, um den massiv ansteigenden Energieverbrauch (mobile Kernkraft wird schon geplant, Crawford, 2024; Castelveechi, 2024) und beuten die Landschaft durch den Abbau Seltener-Erden immer weiter aus. Man geht davon aus, dass bis 2040 etwa 36.379.000 Tonnen Kupfer, 169.000 Tonnen Seltene Erden, 1.326.000 Tonnen Lithium (700mal mehr als zurzeit) gebraucht werden, wobei pro Tonne etwa 2000 Tonnen Abraum anfallen (Anderl & Novotny, 2025). Ein Zustand der zwar häufig thematisiert wird, aber bislang nur zu weiteren politischen und wirtschaftlichen Konflikten führt (siehe auch Kommentar zu Pereira et al., 2024). Ja, und dann gibt es da ja noch das Jevons-Paradoxon welches besagt, dass jede technologische Weiterentwicklung und Verbesserung zum noch häufigeren Einsatz führt. Also die gerade in China entwickelte modular aufgebaute energieeffizientere KI (Conroy & Mallapaty, 2025) wird demzufolge auch keine wirkliche langfristige Verbesserung bringen, sondern langfristig sowohl Energie- und Rohstoffbedarf verschärfen.
Literatur
Anderl, S. & R. Novotny (2025): KI frisst Erde. – Die Zeit 12: 29; Quelle (kostenpflichtig): www.zeit.de/2025/12/ressourcen-ki-mineralien-knappheit-konflikt ➚.
Bidmon, H.-J. (2024b): Commercially assisted migration – Invasive species and their future in a globalized world: A perspective – Artikel-Archiv.
Blowes, S. A., B. McGill, V. Brambilla, C. F. Y. Chow, T. Engel, A. Fontrodona-Eslava, J. S. Martins, D. McGlinn, F. Moyes, A. Sagouis, H. Shimadzu, R. van Klink, W.-B. Xu, N. J. Gotelli, A. Magurran, M. Dornelas & J. M. Chase (2024): Synthesis reveals approximately balanced biotic differentiation and homogenization. – Science Advances 10(8): eadj9395; DOI: 10.1126/sciadv.adj9395 ➚.
Díaz, S., J. Settele, E. S. Brondízio, H. T. Ngo, J. Agard, A. Arneth, P. Balvanera, K. A. Brauman, S. H. M. Butchart, K. M. A. Chan, L. A. Garibaldi, K. Ichii, J. Liu, S. M. Subramanian, G. F. Midgley, P. Miloslavich, Z. Molnár, D. Obura, A. Pfaff, S. Polasky, A. Purvis, J. Razzaque, B. Reyers, R. R. Chowdhury, Y.-J. Shin, I. Visseren-Hamakers, K. J. Willis & C. N. Zayas (2019): Pervasive human-driven decline of life on Earth points to the need for transformative change. – Science 366(‚6471): eaax3100; DOI: 10.1126/science.aax3100 ➚.
Castelvecchi, D. (2024): Will AI’s huge energy demands spur a nuclear renaissance? – Nature 635(8037): 19-20; DOI: 10.1038/d41586-024-03490-3 ➚.
Conroy, G. & S. Mallapaty (2025): How China created AI model deep seek and shocked the world. – Nature 638: 300-301; DOI: 10.1038/d41586-025-00259-0 ➚.
Crawford, K. (2024): Generative AI is guzzling water and energy. – Nature 626: 693; DOI: 10.1038/d41586-024-00478-x ➚.
Dornelas, M.;, J. M. Chase, N. J. Gotelli, A. E. Magurran, B. J. McGill, L. H. Antao, S. A. Blowes, G. N. Daskalova, B. Leung, I. S. Martins, F. Moyes, I. H. Myers-Smith, C. D. Thomas & M. Vellend (2023): Looking back on biodiversity change: lessons for the road ahead. – Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences 378(1881): 20220199; DOI: 10.1098/rstb.2022.0199 ➚.
IPBES (2019): Global Assessment Report on Biodiversity and Ecosystem Services of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. – IPBES (2019); Quelle: www.ipbes.net/global-assessment ➚.
Mazor, T.C. Doropoulos, F. Schwarzmueller, D. W. Gladish, N. Kumaran, K. Merkel, M. Di Marco & V. Gagic (2018): Global mismatch of policy and research on drivers of biodiversity loss. – Nature Ecology & Evolution 2(7): 1071-1074; DOI: 10.1038/s41559-018-0563-x ➚.
Pereira, A. G., A. Antonelli, D. Silvestro & S. Faurby (2024): Two Major Extinction Events in the Evolutionary History of Turtles: One Caused by an Asteroid, the Other by Hominins. – The American Naturalist 203(6): 644-654 oder Abstract-Archiv.
Primack, R. B., A. J. Miller-Rushing, R. T. Corlett, V. Devictor, D. M. Johns, R. Loyola, B. Maas, R. J. Pakeman & L. Pejchar (2018): Biodiversity gains? The debate on changes in local- vs global-scale species richness. – Biological Conservation 219: A1–A3; DOI: 10.1016/j.biocon.2017.12.023 ➚.