Kiss, István, Gergő Erdélyi & Borbála Szabó (2024): Nest site selection and fidelity of European pond turtle (Emys orbicularis) population of Babat Valley (Gödöllő, Hungary). – Frontiers in Zoology 21(1): 20.
Nistplatzselektion und Nistplatztreue bei der Europäischen Sumpfschildkröten (Emys orbicularis) – Population im Babat-Tal (Gödöllő, Ungarn).
DOI: 10.1186/s12983-024-00541-3 ➚

Emys orbicularis,
© Hans-Jürgen-Bidmon
Hintergrund: Die Erhaltung aquatischer und semiaquatischer Schildkröten erfordert Kenntnisse über die Fläche und die Vegetationsstruktur des Lebensraums, der zum Nisten genutzt wird, sowie über die Wanderroute der Tiere. Unser Ziel war es, die Auswirkungen von Habitatmerkmalen auf die Wahl des Nistplatzes und den Bruterfolg zu untersuchen und die Möglichkeit der Nistplatztreue zu prüfen. Unsere Studie wurde an 10 verschiedenen Nistplätzen durchgeführt, mit besonderem Schwerpunkt auf Daten von zurückkehrenden Weibchen in einem Teichsystem in Ungarn zwischen 2014 und 2017.
Ergebnisse: Die meisten Nistversuche wurden in geschlossenen Sandsteppen, uncharakteristischen Trocken- und Halbtrockenrasen-Habitatflächen gefunden. Die Hauptkomponentenanalyse (PCA) zeigte, dass eine erhöhte sandige Bodenbedeckung, Sonnenlicht und Hangneigung wichtige Variablen bei der Wahl des Nistplatzes waren. Mit zunehmender Punktzahl auf der ersten Achse der PCA erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit des Schlüpfens erheblich. Die Verschlechterung der offenen Steppenvegetation, das Auftreten von Unkräutern, invasiven und störungstoleranten Arten wirken sich negativ auf die Auswahl der Nistplätze aus. Wir stellten fest, dass 96,55 % der Nester innerhalb von 20 m südlich eines Kiefernwaldes am bevorzugten Niststandort am Teich 5 lagen, der durch Teilbeschattung die richtige Bruttemperatur bot. Die zurückkehrenden Weibchen nisteten deutlich näher am nördlichen Kiefernwald als die Weibchen mit einem Gelege. Wahrscheinlich haben die zurückkehrenden Weibchen bereits die nötige Erfahrung, um den richtigen Nistplatz zu wählen. Die einzeln markierten Weibchen wählten in den beobachteten Jahren keine neuen Nistplätze, was auf Nistplatztreue schließen lässt, aber wir konnten keine Nistplatztreue feststellen.
Schlussfolgerung: Die Erhaltung einer mosaikartigen Habitatstruktur und die Verlangsamung des Sukzessionsprozesses im Nistgebiet sollten grundlegende Prioritäten in den Schutzprogrammen für Europäische Sumpfschildkröten sein. Wir schlagen den örtlichen Landwirten eine räumliche und zeitliche Planung der Landbewirtschaftung und der landwirtschaftlichen Arbeiten vor. Wenn der eigentliche Nistplatz in einem landwirtschaftlichen Gebiet liegt, sollten alle Arbeiten während des ganzen Jahres vermieden werden. Landwirtschaftliche Maschinen sollten die Wanderrouten der erwachsenen Schildkröten und der geschlüpften Jungtiere während des betreffenden Zeitraums meiden. Bei starkem Prädationsdruck sollte eine Prädatorenkontrolle durchgeführt und ein Nestschutz eingesetzt werden.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Eine interessante Arbeit die uns wieder einmal an etwas erinnert was so natürlich ist, dass wir es häufig gar nicht mehr wahrnehmen nämlich die Sukzession oder natürliche Veränderung von sogenannten Habitaten. Gerade die Verbuschung und das Größerwerden von Bäumen die zunehmend die Lichtverhältnisse am Boden verändern machen sich hier bemerkbar und können zunehmend dafür sorgen, dass sich Lebensräume für bestimmte Arten verschieben. Dabei sind die Veränderungen häufig komplex, denn es geht ja nicht nur um die Bodensubstratqualität und die Vegetation sondern auch um deren Veränderungen die mit dem Klimawandel einhergehen. Siehe dazu auch den zu Vilardell-Bartino et al. (2015) und die dort angeführte Literatur.
Literatur
Vilardell-Bartino, A., X. Capalleras, J. Budo, R. Bosch & P. Pons (2015): Knowledge of habitat preferences applied to habitat management: the case of an endangered tortoise population. – Amphibia-Reptilia 36(1): 13-25 oder Abstract-Archiv.
Galerien
Emys orbicularis – Europäische Sumpfschildkröte
