Selman - 2012 - 02

Selman, W., J. M. Jawor & C. P. Qualls (2012): Seasonal Variation of Corticosterone Levels in Graptemys flavimaculata, an Imperiled Freshwater Turtle. – Copeia 2012(4): 698-705.

Saisonale Schwankungen im Corticosteronspiegel bei Graptemys flavimaculata einer bedrohten Wasserschildkröte.

DOI: 10.1643/CP-11-112 ➚

Derzeit ist wenig über die natürlichen saisonalen Schwankungen der Corticosteronspiegel (CORT) bei Wasserschildkröten bekannt und zwar weder für die basalen Spiegel als auch für jene bei einer Stressreaktion. Wir unternahmen eine saisonale CORT-Studie, bei Graptemys flavimaculata (Gelbflecken-Höckerschildkröte; Familie Emydidae), die endemisch im Pascagoulafluss im südöstlichen Mississippi vorkommt. Graptemys flavimaculata wird meist sonnenbadend auf Totholz beobachtet, was wir nutzten, indem wir Sonnenbadefallen und Kescher als aktive Fangmethoden einsetzten. Wir fingen Männchen (n = 60) und Weibchen (n = 49) während der Monate April bis Oktober in den Jahren 2007 und 2008. Direkt nach dem Fang wurde eine initiale Blutprobe gezogen, dann wurde die Schildkröte für 35 min. gehältert und eine zweite Blutprobe genommen. Kompetitive Radioimmunoassays wurden zur Bestimmung der CORT-Spiegel eingesetzt. Die initialen Blutproben enthielten für beide Geschlechter niedrigere CORT-Spiegel als jene, die für andere Schildkrötenarten beschrieben waren, was an unserer Fangmethode liegen könnte. Nach 35 min waren bei allen die CORT-Spiegel im Vergleich zu den initialen Werten signifikant erhöht. Wir fanden keine saisonalen Unterschiede für die initialen CORT-Spiegel für beide Geschlechter. Allerdings fanden wir saisonale Unterschiede für die nach 35 min gemessenen CORT-Spiegel, die in den Sommermonaten (Juli, August) höher lagen als im April und im Oktober. Ebenso gab es für die Weibchen einen saisonalen Unterschied für die 35 min Werte, da diese im Juli (Nistsaison) niedriger waren als im September. Diese Studie liefert neue Informationen und Erkenntnisse über unterschiedliche physiologische Parameter für diese Schildkrötenspezies und aquatische Schildkröten im generellen und sie liefert Einsichten in die Verbindungen zwischen Physiologie und saisonalen Lebensnotwendigkeiten.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Generell belegt die Studie klar, dass die Schildkröten auf Stress reagieren und unter Stress ihre CORT-Spiegel erhöhen. Also wie bei uns auch, wenn Prüfungsstress oder ein Unfallgeschehen die Nebennieren aktivieren. Was auch deutlich ist, dass Weibchen während der Nistsaison, wenn sie sowie stärker stressenden Umweltfaktoren ausgesetzt sind, weniger darauf reagieren, indem sie weniger CORT-produzieren. Hier dürfte die Interaktion mit anderen Hormonen wie Progesteron dafür sorgen, dass für sie die Wanderung zum Nistplatz und die damit verbundenen Gefährdungen nicht zum traumatischen Erlebnis werden und dass sie ihre Energiereserven wirklich für die Wegstrecke und den Nistvorgang zur Verfügung haben anstatt sie sinnlos in einer zu ausgeprägten Stressreaktion zu verheizen.