Echte Karettschildkröte, Eretmochelys imbricata, – © Enrico Marcovaldi

Sarmiento-Ramírez - 2014 - 01

Sarmiento-Ramírez, J. M., M. van der Voort, J. M. Raaijmakers & J. Diéguez-Uribeondo (2014): Unravelling the Microbiome of Eggs of the Endangered Sea Turtle Eretmochelys imbricata Identifies Bacteria with Activity against the Emerging Pathogen Fusarium falciforme. – PLoS One 9(4): e95206.

Die Enträtselung des Mikrobioms der Eier der bedrohten Meeresschildkröte, Eretmochelys imbricata identifizierte Bakterien mit fungizider Wirkung gegen einen bekannt gewordenes Pathogen, Fusarium falciforme.

DOI: 10.1371/journal.pone.0095206 ➚

Echte Karettschildkröte, Eretmochelys imbricata, – © Enrico Marcovaldi
Echte Karettschildkröte,
Eretmochelys imbricata,
© Enrico Marcovaldi

Biologische Habitataufwertung sowie das Einbringen von schützenden Mikroben wurden schon häufig als potentielle Erhaltungsstrategien zur Rettung gefährdeter Säugetiere und Amphibien vorgeschlagen, um sie vor neuen Krankheitserregern zu schützen. Für beide Strategien ist es notwendig, Erkenntnisse über die Mikrobiome (Mikrobengesellschaften) zu haben, welche normalerweise als essentielle Bestandteile in deren Habitaten vorkommen. Hier sammelten wir Proben in den Nestern der gefährdeten Meeresschildkröte, Eretmochelys imbricata, die mit dem pathogenen Pilz Fusarium falciforme infiziert waren. Eine Metagenomanalyse der auf den Eischalen der Meeresschildkröteneier gefundenen Bakteriengemeinschaften ergab ungefähr 16.664 operationale taxonomische Einheiten, wobei Proteobacteria, Actinobacteria, Firmicutes und Bacteroidetes als die am häufigsten vorhandenen, dominierenden Phyla identifiziert worden sind. Die anschließende Isolation der Actinobacteria von den Eierschalen führte dazu, dass wir etliche Gattungen (Streptomyces, Amycolaptosis, Micromomospora, Plantactinospora und Solwaraspora) identifizieren konnten, die dafür bekannt sind, das Wachstum von Pilzhyphen des pathogenen Pilzes F. falciforme zu hemmen. Somit bilden diese Bakterien ein erstes Repertoire von mikrobiellen Indikatoren, deren potentielle Rolle als schützende Mikrobiota in Bezug auf die Erhaltung gefährdeter Meeresschildköten genauer zu untersuchen gilt.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit ist zwar für viele wissenschaftliche Laien etwas schwierig zu verstehen, aber sie adressiert dennoch ein interessantes Thema, das auch oft unter Schildkrötenhaltern diskutiert wird. Nämlich die Frage soll man die Eier vor der Inkubation abwaschen oder nicht? Nun werden die wenigsten in der privaten Reptilienhaltung Meeresschildkrötengelege inkubieren, dennoch zeigt diese Arbeit, dass auf den Eischalen von Schildkröten auch schützende und der Gesundheit förderliche Bakteriengemeinschaften leben. Als Fazit aus dieser Studie könnte man also durchaus den Schluss ziehen, dass ein Abwaschen der Eier eher schadet und die Eier anfälliger macht. Bei dieser Arbeit – und auch bei der ganzen Diskussion, ob solche Maßnahmen zur Verbesserung der Arterhaltung beitragen können – bleibt die Frage unbeantwortet: Warum können trotz des Vorhandenseins dieser schützenden Mikroben andere pathogene Erreger dennoch überhand nehmen und dann die Gelege schädigen? Das liegt an der Menge und der Ausgewogenheit der beiden Lager aus schützenden und pathogenen Erregern, was uns unweigerlich zur Hygiene bringt. Natürlich ist eine Grundvoraussetzung dabei, dass das Inkubationssubstrat – egal ob künstlich oder natürlich, wie Strandsand etc. – nicht von vornherein zu viele Pathogene enthält. In der Tierhaltung kann auch noch die Darmflora der eierlegenden Mütter eine Rolle spielen, denn viele dieser der Eierschale anhaftenden Mikroben dürften aus der Kloake, also dem Enddarmabschnitt der Muttertiere stammen, und auch hier würde dann eine gesunde Darmflora eher schützen als vielleicht eine schon gestörte. Wenn man von einer gesunden, schützenden Darmflora ausgeht und nur das Inkubationssubstrat betrachtet, bzw. die Gründe, warum sich dieses am Ablageort oder Niststrand so mit Pathogenen angereichert haben kann, dass das dann trotz vorhandener Schutzmikroben zur Gelegezerstörung führt, so wäre sicherlich an erster Stelle eine zunehmende Umweltverschmutzung anzunehmen, die eine übermäßige Vermehrung der Pathogene ermöglicht (siehe auch McCrink-Goode 2014). Ebenso sollte man aber auch die Befruchtungsrate miteinbeziehen, denn es stellt sich durchaus die Frage, ob sich schützende Mikrobengemeinschaften nur auf befruchteten vitalen Eiern erhalten können? Wenn letzteres der Fall wäre, würden natürlich die unbefruchteten Eier innerhalb eines Geleges den Nährboden für Pathogene darstellen, von denen aus diese auch die gesunden Eier befallen könnten. Warum es meist Pilze sind, die überhandnehmen, könnte daran liegen, dass Bakterien von den Defensinen der Eierschalen effektiver abgewehrt werden können.

Literatur

McCrink-Goode, M. (2014): Pollution: A global threat. – Environment International 68: 162-170 oder Abstract-Archiv.

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