Aldabra-Riesenschildkröte, Aldabrachelys gigantea, – © Hans-Jürgen Bidmon

Quesada - 2018 - 01

Quesada, V., S. Freitas-Rodríguez, J. Miller, J. G. Pérez-Silva, Z. F. Jiang, W. Tapia, O. Santiago-Fernández, D. Campos-Iglesias, L. F. K. Kuderna, M. Quinzin, M. G. Álvarez, D. Carrero, L. B. Beheregaray, J. P. Gibbs, Y. Chiari, S. Glaberman, C. Ciofi, M. Araujo-Voces, P. Mayoral, J. R. Arango, I. Tamargo-Gómez, D. Roiz-Valle, M. Pascual-Torner, B. R. Evans, D. L. Edwards, R. C. Garrick, M. A. Russello, N. Poulakakis, S. J. Gaughran, D. O. Rueda, G. Bretones, T. Marquès-Bonet, K. P. White, A. Caccone & C. López-Otín (2018): Giant tortoise genomes provide insights into longevity and age-related disease. – Nature Ecology & Evolution 3(1): 87-95.

Riesenschildkrötengenome liefern Einblicke in die Langzeitüberlebensfähigkeit und altersbedingte Erkrankungen.

DOI: 10.1038/s41559-018-0733-x ➚

Galapagos-Riesenschildkröte, Chelonoidis nigra, – © Hans-Jürgen Bidmon
Galapagos-Riesenschildkröte,
Chelonoidis nigra,
wird mit einem Apfel
aus der Unterkunft gelockt
© Hans-Jürgen Bidmon

Riesenschildkröten gehören zu den langlebigsten Wirbeltieren und sind deshalb gute Modelle zum Studium der damit verbundenen Eigenschaften und von altersabhängigen Erkrankungen. Allerdings sind genomische und molekulare evolutionsrelevante Informationen zu den Riesenschildkröten immer noch selten. Hier beschreiben wir eine Gesamtanalyse für das Genom von Lonesome George der letzten Ikone von Chelonoidis abingdonii und für das Genom der Aldabra-Riesenschildkröte (Aldabrachelys gigantea). Der Vergleich dieser Genome mit jenen von verwandten Arten unter der Anwendung von unkontrollierten und kontrollierten Analyseverfahren lieferte uns die Möglichkeit linienspezifische Unterschiede zu erkennen die Gene betreffen die notwendig sind für DNS-Reparatur (DNS-Reparaturgene), für Entzündungsmediatoren kodierende Gene sowie für Gene die für die Krebsentstehung von Bedeutung sind. Unsere Studie ergab auch Hinweise für spezifische Evolutionsstrategien die in Verbindung mit einer hohen Lebenserwartung zu sehen sind und sie erweiterte unser Verständnis für die genomischen Determinanten (bestimmenden Faktoren) der Alterung. Diese neuen Genomsequenzen sind auch eine wichtige Ressource und Hilfe für die Erhaltungsbiologie und den Aufbau von Riesenschildkrötenpopulationen.

Aldabra-Riesenschildkröte, Aldabrachelys gigantea, – © Hans-Jürgen Bidmon
Aldabra-Riesenschildkröte,
Aldabrachelys gigantea,
© Hans-Jürgen Bidmon

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit liefert wirklich gute Einsichten in die genetischen Vorgänge die zu einer hohen Lebenserwartung (Langlebigkeit) beitragen und zu den damit in Beziehung stehenden Evolutionsmechanismen und Umweltbedingungen die solche Entwicklungen fördern. Somit sind sie ein guter neuer Ansatz für weitere Forschungsarbeiten. Allerdings wird auch hier klar gezeigt, dass es auch bei Schildkröten Alterung und altersbedingte Erkrankungen gibt. Ja und so ganz nebenbei zeigte sich auch, dass Lonesome George einer Schildkrötenevolutionsline angehörte die durch ihre isolierte Stellung auf einer kleinen Insel schon seit etwa einer Million Jahre im Rückgang begriffen war, da wohl alle Tiere schon so hochgradig miteinander verwandt waren, dass sich zunehmend Schäden im Genom akkumulierten (Inzucht, siehe dazu auch den Rogers & Slatkin, 2017; Miller et al., 2018, sowie Editorial; Nature 564: 5-6, 2018). Nun hört sich eine Million Jahre sehr lang an, letzteres ist aber der Langlebigkeit, der langen Generationsdauer und natürlich der einstmals hohen Individuenzahl geschuldet. Dennoch sollten wir bei Erhaltungsmaßnahmen nicht ganz vergessen, dass wir wahrscheinlich die Berechnungen von Caballero et al. (2017) bei deren Planung nicht ganz aus den Augen verlieren sollten. Einige der Galapagosinselpopulationen selbst zeigen uns ja das Hybridisierungen natürlicherweise vorkommen und dass die Tiere instinktiv einen hohen Genfluss anstreben. Insofern finde ich sollten wir daraus lernen und durchaus erkennen, dass Hybriden für die Evolutionslinenerhaltung und Neuentstehung eine wesentliche Bedeutung haben (siehe auch Bidmon 2017 und die dort zitierte Literatur).

Literatur

Bidmon, H.-J. (2017): Sind phylogenetische Stammbäume nur ein Traum? – Schildkröten im Fokus 14(1): 14-27 ➚.

Caballero, A., I. Bravo & J. Wang (2017): Inbreeding load and purging: implications for the short-term survival and the conservation management of small Populations. – Heredity 118(2): 177-185 oder Abstract-Archiv.

Miller, J. M., M. C. Quinzin, E. H. Scheibe, C. Ciofi, F. Villalva, W. Tapia & A. Caccone (2018): Genetic Pedigree Analysis of the Pilot Breeding Program for the Rediscovered Galapagos Giant Tortoise from Floreana Island. – Journal of Heredity 109(6): 620-630 oder Abstract-Archiv.

Rogers, R. L. & M. Slatkin (2017): Excess of genomic defects in a woolly mammoth on Wrangel island. – PLOS Genetics 13(3): e1006601 oder Abstract-Archiv.

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