Halbinsel-Schmuckschildkröte, Pseudemys peninsularis, ein Exemplar der invasiven Art in Südkorea – © Ha-Cheol Sung

Munscher - 2015 - 02

Munscher, E., A. D. Walde, T. Stratmann & B. P. Butterfield (2015): Exceptional Growth Rates Observed in Immature Pseudemys from a Protected Spring System in Florida. – Herpetology Note 8: 133-140.

Außergewöhnliche Wachstumsraten die bei subadulten Pseudemys in einem geschützten Quellsystem in Florida beobachtet wurden.

DOI: None

Florida-Rotbauch-Schmuckschildkröte, Pseudemys nelsoni, – © Hans-Jürgen Bidmon
Florida-Rotbauch-Schmuckschildkröte,
Pseudemys nelsoni,
© Hans-Jürgen Bidmon

Die Gattung Pseudemys repräsentiert einige der größten der emydiden Schildkröten Nordamerikas. Überraschenderweise sind die meisten Arten innerhalb dieser Gattung kaum untersucht und mit Ausnahme ihrer großen Körpergröße ist nur wenig über ihr Wachstum bekannt. Unter der Verwendung von Fang-Wiederfangdaten beobachteten wir ein extrem schnelles Wachstum bei zwei Pseudemysarten, Pseudemys peninsularis und P. nelsoni in einem geschützten Quellsystem in Zentralflorida. Zehn subadulte (mit unbestimmbaren Geschlecht) Individuen wurden gefangen, markiert und wiedergefangen mit Perioden zwischen den Wiederfängen, die es erlaubten Wachstumsraten zu berechnen und eine spätere Geschlechtsbestimmung durchzuführen. Die P. peninsularis-Individuen zeigten Zuwachsraten, die sich zwischen 30,38 bis 74,29 mm/Jahr bewegten, was einem Jahresgrößenzuwachs von 23-104,6 % entspricht. Die P. nelsoni-Individuen wuchsen langsamer mit Wachstumsraten zwischen 19,96 und 42,15 mm/Jahr, was einer jährlichen Größenzunahme von 14,6-42,2 % entspricht. Innerhalb der jeweiligen Art unterschieden sich die Zuwachsraten für Männchen und Weibchen nicht signifikant, allerding im Vergleich der beiden Spezies wuchsen die etwas kleiner bleibenden P. nelsoni-Weibchen mit einer niedrigeren Wachstumsrate als die P. peninsularis-Weibchen. Wir glauben, dass dieses extreme Wachstum auf einer Kombination von Faktoren beruhen könnte, die sowohl in Bezug zu einem hohen Beutegreiferdruck innerhalb eines Habitats das ganzjährig gute Wachstumsbedingungen bietet stehen. Zudem könnte dieses Wachstum auch durch die Einbringung einer nicht einheimischen Nahrungsressource, die hohe Energiemengen liefert, verursacht sein.

Halbinsel-Schmuckschildkröte, Pseudemys peninsularis, – © Ha-Cheol Sung
Halbinsel-Schmuckschildkröte,
Pseudemys peninsularis,
© Ha-Cheol Sung

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine Arbeit die auch wieder einmal auf die hohe Anpassungsfähigkeit bei zwei Schildkrötenspezies verweist, deren Größenwachstum sich den örtlichen Gegebenheiten sprich Selektionsdrücken anpasst. (Siehe auch Kommentare zu Snover et al. 2015; Turnbull et al. 2015; Wolak et al. 2010). Im Grunde genommen handelt es sich dabei um natürliche Vorkommnisse, die trotz schnelleren Wachstums anscheinend auch nicht mit Carapaxanomalien einhergehen, wie so mancher meinen möge. Auch scheint es hier völlig unangebracht neue Unterarten wie P. p. gigantea zu beschreiben. Nein, es handelt sich um Arten die nur innerhalb dieser besonderen Lokalität oder Mikrohabitat einen besonders großen Phänotyp ausprägen. Hieran erkennt man schön, dass die Definition Phänotyp einen von den Umweltbedingungen modulierten Genotyp beschreibt. Ob dabei epigenetische Veränderungen involviert sind kann hier derzeit nur angenommen werden, aber bei dem von Wolak et al. (2010) beschrieben Phänomen kann man fast schon ganz sicher davon ausgehen, dass epigenetische, mit vererbbare Gen-Modulationen (siehe zur Erklärung Bidmon 2017) diese geschlechtsspezifische Phänotypausprägung steuern.

Literatur

Bidmon, H.-J. (2017): Sind phylogenetische Stammbäume nur ein Traum? – Schildkröten im Fokus 14(1): 14-27 ➚.

Snover, M. L., M. J. Adams, D. Ashton, J. B. Bettaso & H. H. Welsh Jr. (2015): Evidence of counter-gradient growth in western pond turtles (Actinemys marmorata) across thermal gradients. – Freshwater Biology 60(9): 1944-1963 oder Abstract-Archiv.

Turnbull, L. A., A. Ozgul, W. Accouche, R. Baxter, L. ChongSeng, J. C. Currie, N. Doak, D. M. Hansen, P. Pistorius, H. Richards, J. van de Crommenacker, R. von Brandis, F. Fleischer-Dogley & N. Bunbury (2015): Persistence of distinctive morphotypes in the native range of the CITES-listed Aldabra giant tortoise. – Ecology and Evolution 5(23): 5499-5508 oder Abstract-Archiv.

Wolak, M. E., G. W. Gilchrist, V. A. Ruzicka, D. M. Nally & R. M. Chambers (2010): A Contemporary, Sex-Limited Change in Body Size of an Estuarine Turtle in Response to Commercial Fishing. – Conservation Biology 24(5): 1268-1277 oder Abstract-Archiv.

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