Luschi - 2003 - 01

Luschi, P., G. C. Hays & F. Papi (2003): A review of long-distance movements by marine turtles, and the possible role of ocean currents. – Oikos 103(2): 293-302.

Eine Review zur Wanderung der Meeresschildkröten und die Rolle, welche die Strömungen der Ozeane dabei spielen.

DOI: 10.1034/j.1600-0706.2003.12123.x ➚

Die Wanderungen der Meeresschildkröten spielen sich auf offener See ab, also weit ab von landnahen geschützten Gebieten. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Wanderungen auch von ozeanographischen Prozessen beeinflusst werden. Erst seit kurzem wurden Arbeiten initiiert, die die Beziehungen zwischen den Wanderungen der Meeresschildkröten und den dynamischen ozeanischen Abläufen untersuchen. Bislang gibt es nur für einige Fälle ein verständliches Bild für derartige Interaktionen.
Man geht davon aus, dass Schlüpflinge von Meeresschildkröten aufgrund der ozeanischen Strömung zu ihren pelagischen (auf offener See gelegen) Habitaten gelangen, in denen sie heranwachsen. Das eigentliche Ausmaß dieser entwicklungsabhängigen Wanderungen und die dafür benötigten Zeiträume sind nur für wenige Populationen bekannt, für diese hat sich gezeigt, dass sich die Wanderungen über mehrere Jahre erstrecken, wobei mehr als 1.000 km zurückgelegt werden. Größere, mit Sendern ausgestattete Jungtiere legten während der pelagischen Lebensphase weite Strecken zurück, bei der sie auch entgegen der Meeresströmung schwammen. Ältere Jungtiere (subadulte) der meisten Arten verlassen aktiv die pelagischen Habitate und besiedeln neritische (küstennahe, z. B. Buchten) Habitate, um sich bis zur Geschlechtsreife zu entwickeln. Diese Lebensabschnitte der Meeresschildkröten sind am wenigsten untersucht, aber die vorhandenen Daten legen nahe, dass junge Meeresschildkröten enorme Strecken aktiv zurücklegen müssen, um die durch die Meeresströmungen hervorgerufene Verdriftung, die sie als Schlüpflinge erfahren haben, wieder auszugleichen, so dass sie ihre für die Entwicklung benötigten Habitate erreichen können.
Die Richtungen und das Ausmaß der Wanderungen adulter Meeresschildkröten nach der Eiablage variieren je nach Spezies sehr stark, aber zwei Hauptmuster lassen sich erkennen. Einige Arten wie die Suppenschildkröte, Echte Karettschildkröte und die Unechte Karettschildkröte wandern nach der Eiablage gezielt zu ihren Nahrungsgründen, in denen sie die gesamte Zeit bis zur nächsten Eiablage verbringen. Diese Schildkröten schwimmen und navigieren aktiv ihrem Ziel entgegen, dabei nutzen sie nur zeitweise bestimmte Meeresströmungen aus, um Energie zu sparen.
Andere Spezies wie Bastardschildkröten oder die Lederrückenschildkröten verlassen die Eiablagestrände und schwimmen auch aktiv zu ihren pelagischen Nahrungsgründen, zwischen denen sie aber umherwandern. Allerdings hat sich speziell für die Lederrückenschildkröten gezeigt, dass ihre Wanderungen sehr stark durch ozeanische Strömungen beeinflusst werden, wobei es fast schon fraglich ist, diese Wanderungen wirklich als Migrationen (zielgerichtete Wanderungen) zu bezeichnen, da es den Anschein hat, als würden sie sich von den Meeresströmungen treiben lassen und sich nur dort, wo ausreichend Nahrung vorhanden ist, aktiv für längere Zeit aufhalten.