Hedrick - 2019 - 01

Hedrick, P. W. (2019): Galapagos Islands Endemic Vertebrates: A Population Genetics Perspective. – Journal of Heredity 110(2): 137-157.

Endemische Wirbeltiere der Galapagosinseln: Eine populationsgenetische Perspektive.

DOI: 10.1093/jhered/esy066 ➚

Die Organismen der Galapagosinseln spielten eine zentrale Rolle für die Entwicklung der Evolutionstheorie durch Charles Darvin. Die Untersuchung der populationsgenetischen Faktoren bei vielen dieser Organismen mit modernen molekularen Methoden trug zum besseren Verständnis der Evolutionsabläufe bei. Hier liefere ich einen Überblick darüber wie Selektion, Genfluss, Genetische-Drift, Mutation und Inzucht zur Evolution von sechs der ikonischen Galapagosspezies beitrugen: Flugunfähiger-Kormoran, Rosa-Iguana, Meerechsen (Iguana), Galapagosfalke, Riesenschildkröten und Darwinfinken. Bedingt durch die offensichtlichen biologischen Unterschiede dieser die Galapagos besiedelnden Arten sind es auch unterschiedliche populationsgenetische Faktoren, die für sie mehr oder weniger von Bedeutung waren und sind. Zum Beispiel entstanden mit den Galapagosinseln neue Umwelten in denen eine strenge Selektion stattfand, wobei die Darwinfinken sich aufspalteten und neue Arten bildeten während der Kormoran sich an die nahrungsreichen Fischgründe der westlichen Küstenlinie der Galapagos anpasste und seine Flugfähigkeit dabei verlor, wobei die derzeitigen genetischen Daten die Kandidatengene identifizierten die dafür verantwortlich waren. Sowohl beim Rosa-Iguana der noch in einer kleinen Population existiert wie auch beim Galapagosfalken, der ebenfalls nur eine kleine Population darstellt, war dabei die Genetische-Drift ein sehr prägender Faktor. Sowohl für den fluglosen Kormoran wie auch für den Galapagosfalken gibt es dabei kaum Genfluss zwischen den einzelnen Inseln. Andererseits sowohl bei den Meerechsen wie auch bei einigen der Darwinfinken gibt es einen signifikanten Genfluss zwischen den Inselpopulationen. Dabei hat die Hybridisierung zwischen den Arten und Unterarten dazu geführt, dass sich neue adaptive Variationen einstellten (Umweltanpassungen) und in einigen Fällen kann die Hybridisierung sogar zur Despeziation (Arterlust) geführt haben. Insgesamt gesehen haben die neuen populationsgenetischen und genomischen Untersuchungen dazu beigetragen neue Einsichten über die Evolution der Wirbeltiere auf Galapagos zu gewinnen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine sehr schöne farbig bebilderte Übersichtsarbeit die wirklich wichtige Einblicke in verständlicher Form liefert. Allein die Beispiele verweisen eigentlich schon darauf was wir bislang seit Darwin von diesem Inselarchipel und seiner Besiedlung lernen konnten (siehe dazu auch die Kommentare zu Garrick et al., 2014; Hennessy, 2015; Miller et al., 2018). Aber letztendlich stehen wir immer noch am Anfang, denn die Bedeutung dieser Vorgänge haben wir bis heute, wie ich meine, nur unzureichend verstanden und noch zu viele Ressentiments verhindern wohl die Wahrheit hinter diesen Vorgängen zu verstehen. Aber letztendlich sollten wir zumindest einsehen, dass die Individuen dieser Arten noch als rezente Lebewesen existieren und es stellt sich doch die Frage, ob das auch so wäre, wenn es zum Beispiel diese Genflüsse über Artgrenzen hinweg nicht gegeben hätte? Auch hier spricht der Autor wie ich meine nicht neutral genug über die Despeziation, also den Verlust von Arten durch genetische Vermischung, aber er stellt sie doch der adaptiven Anpassung der Hybriden, die ihnen ja hilft sich an neue Umweltbedingungen schneller anzupassen, gegenüber. Der geringe Genfluss zwischen den Inselpopulationen des Galapagoskormorans und des Falken zeigen die Einbußen durch die Genetische-Drift die sich auf die Populationen auswirkt. Hier stellt sich die Frage reichen die in sehr großen Zeitabständen stochastisch auftretenden katastrophenartigen Witterungsbedingungen (siehe Garrick et al., 2014) aus um in Bezug auf die Inzuchtminimierung Genfluss zwischen Populationen zu gewährleisten? Für mich zeichnen sich dabei beides, ökologische Nischenaufteilung durch Speziation wie auch adaptive wenn sie so wollen Despeziation eigentlich als gleichbedeutsame Evolutionsmechanismen ab. Dabei sollten wir aufpassen, dass wir nicht übers Ziel hinausschießen, denn wie schon Georges et al. (2019) und Folt et al., (2019 diskutieren führt Arteninflation weder zum Ausgleich des Biodiversitätsverlusts noch zu einem finanziell und ökonomisch besser zu realisierenden Artenschutz. Ja und vielleicht behindert er sogar in einigen Fällen das adaptive Potential von Arten in einer sich immer schneller verändernden Umwelt (Siehe al Beispiel für schnelle Anpassung: Hamilton & Miller, 2015).

Literatur

Folt, B., J. Bauder, S. Spear, D. Stevenson, M. Hoffman, J. R. Oaks, P. L. Jr. Wood, C. Jenkins, D. A. Steen & C. Guyer (2019): Taxonomic and conservation implications of population genetic admixture, mito-nuclear discordance, and male-biased dispersal of a large endangered snake, Drymarchon couperi. – PLoS One 14(3): e0214439; DOI: 10.1371/journal.pone.0214439 ➚.

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Georges, A., B. Gruber, G. B. Pauly, D. White, M. Adams, M. J. Young, A. Kilian, X. Zhang, H. B. Shaffer & P. J. Unmack (2018): Genome-wide SNP markers breathe new life into phylogeography and species delimitation for the problematic short-necked turtles (Chelidae: Emydura) of eastern Australia. – Molecular Ecology 27(24): 5195-5213 oder Abstract-Archiv.

Hamilton, J. A. & J. M. Miller (2015): Adaptive introgression as a resource for management and genetic conservation in a changing climate. – Conservation Biology 30(1): 33-41 oder Abstract-Archiv.

Hennessy, E. (2015): The Molecular Turn in Conservation: Genetics, Pristine Nature, and the Rediscovery of an Extinct Species of Galapagos Giant Tortoise. – Annals of the Association of American Geographers 105(1): 87-104 oder Abstract-Archiv.

Miller, J. M., M. C. Quinzin, E. H. Scheibe, C. Ciofi, F. Villalva, W. Tapia & A. Caccone (2018): Genetic Pedigree Analysis of the Pilot Breeding Program for the Rediscovered Galapagos Giant Tortoise from Floreana Island. – Journal of Heredity 109(6): 620-630 oder Abstract-Archiv.

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