Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, – © Hans-Jürgen Bidmon

Hays - 2023 - 01

Hays, G. C., J. O. Laloë, P. L. M. Lee & G. Schofield (2023): Evidence of adult male scarcity associated with female-skewed offspring sex ratios in sea turtles. – Current Biology 33(1): R14-R15.

Nachweise für die Seltenheit adulter Männchen in Assoziation mit hin zu Weibchen verschobenen Geschlechterverhältnissen bei den Nachkommen von Meeresschildkröten.

DOI: 10.1016/j.cub.2022.11.035 ➚

Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, – © Hans-Jürgen Bidmon
Grüne Meeresschildkröte,
Chelonia mydas,
© Hans-Jürgen Bidmon

Der Klimawandel ist eine vorhandene Gefahr für das Überleben von Arten. Für Arten mit temperaturabhängiger Geschlechtsausprägung einschließlich aller Meeresschildkröten wurde die Hypothese aufgestellt, dass der Klimawandel zu Verschiebungen der Geschlechterverhältnisse führt die das Aussterben von Populationen nach sich zieht. Durch eine globale Analyse über mehrere Arten hinweg liefern wir die ersten empirischen Beweise für die demographischen Konsequenzen des Seltenerwerdens von Schildkrötenmännchen für die Meeresschildkrötenpopulationen, wobei es bei den Populationen bei denen das Geschlechterverhältnis sehr extrem hin zu mehr Weibchen verschoben ist wesentlich seltener zu multiplen Vaterschaften kommt. Für die Suppenschildkröten zeigt sich, dass wenn das Geschlechterverhältnis so verschoben ist, dass mehr als 90 % Weibchen schlüpfen das Vorkommen von multiplen Vaterschaften im Vergleich zu noch unbetroffenen Niststränden abnimmt wobei die Vorkommenszahlen für Gelege mit multiplen Vaterschaften im östlichen Mittelmeer (Zypern) auf 24,5 % auf den Redang-Inseln (Malaysia) auf 36,4 % und am südlichen Teil des Great Barrier-Riffs (Insel Heron, Australia) auf 15,4 % absinkt während man an den anderen global in den Meeren verteilten Niststränden multiple Vaterschaften in einer Größenordnung von 61,1 % - 91,7 % vorfindet. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass eine niedrige Rate an multiplen Vaterschaften dazu dienen könnte zukünftige Probleme zu erkennen die mit einer verminderten Befruchtungsrate der Gelege einhergehen könnten, wenn die Anzahl der Männchen weiter abnimmt. Erfassungen zum Vorkommen von multiplen Vaterschaften in Regionen wo adulte Männchen vermutlich seltener werden wie auf der Insel Raine am nördlichen Great Barrier-Riff in Australien könnte dabei helfen zu erkennen wo ein Mangel an Männchen die Gefahr eines lokalen Aussterberisikos erhöht. In solchen Fällen könnten dann Eingriffe notwendig werden die dazu geeignet sind die Anzahl an Männchen zu erhöhen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit beschreibt einen bislang kaum berücksichtigten Aspekt zur Evaluation von Anzeichen für eine dem Klimawandel geschuldete Verweiblichung von Schildkrötenpopulationen. Inwieweit sich solche Erkenntnisse auch auf andere Arten im Süßwasser oder gar an Land übertragen lassen bleibt fraglich wäre aber durchaus denkbar, da multiple Vaterschaften ja bei vielen Schildkrötenarten zu beobachten sind. Was mich aber an dieser Studie auch aufhorchen lässt ist der Wandel unter dem multiple Vaterschaften heute gegenüber früher selbst bei Wissenschaftlern gesehen werden. Dass diesem allgemein zu beobachtenden Phänomen eine natürliche Bedeutung zukommt die sogar Selektionsvorteile zu bietet scheint war eigentlich bei genauer Betrachtung der Befunde immer klar. Dennoch möchte dabei einmal auf die weiterzurückliegenden Argumentationen dazu verweisen (Siehe dazu Lee & Hays, 2004 und den dortigen Kommentar).

Literatur

Lee, P. L. M. & G. C. Hays (2004): Polyandry in a marine turtle: Females make the best of a bad job. – Proceedings of the National Academy of Science of the U.S.A. 101(17): 6530-6535 oder Abstract-Archiv.

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