Pracht-Höckerschildkröte, Graptemys oculifera, aus dem Strong River – © Peter V. Lindeman

Lindeman - 2024 - 01

Lindeman, P. V., W. Selman & R. L. Jones (2024): A Sawback is a Sawback is a Sawback: Diet and Habitat-Related Variation in Body Size of the Turtle Graptemys oculifera Show It Is an Ecological Analogue of Its Two Closest Relatives. – Chelonian Conservation and Biology 22(2): 156-164.

Ein Sägerücken bleibt ein Sägerücken: Nahrungs- und habitatbezogene Körpergrößenunterschiede bei der Landkartenschildkröte Graptemys oculifera zeigen, dass sie ein ökologisches Analog zu ihren zwei nahestehendsten Verwandten ist.

DOI: 10.2744/CCB-1575.1 ➚

Pracht-Höckerschildkröte, Graptemys oculifera, – © Peter V. Lindeman
Pracht-Höckerschildkröte,
Graptemys oculifera,
© Peter V. Lindeman

Die Landkartenschildkröten und Höckerschildkröten (Graptemys) lassen sich je nach Kopfbreite der Weibchen unterteilen in schmalköpfige (mikrozephale) Weibchen von 5 Arten einteilen, wobei diese Mollusken (Schnecken/Muscheln) nur in geringem Umfang als Nahrung nutzen. Des Weiteren lassen sich 4 Arten abgrenzen bei denen die Weibchen mittelmäßig breite (mesozephale) Köpfe aufweisen die sich auch etwas häufiger von Mollusken ernähren und daneben existieren noch 5 Arten bei denen die Weibchen sich fast ausschließlich von Mollusken ernähren und sehr breite (megazephale) Köpfe aufweisen. Zu den mikrozephalen Arten gehört eine Gruppe von 3 Höckerschildkrötenarten, Graptemys nigrinoda, Graptemys flavimaculata und Graptemys oculifera. Bei den beiden erstgenannten handelt es sich eigentlich um Schwamm-Spezialisten, aber in zwei früheren Studien über die Ernährung von G. oculifera wurden Schwämme als Nahrung gar nicht untersucht, wobei in beiden Studien auch ein Vergleich zwischen den Geschlechtern fehlte. Die beiden anderen Höckerschildkröten ernähren sich in Küstennähe auch von Brackwassermuscheln, aber dieses Phänomen wurde für G. oculifera auch nicht untersucht. In den Küstenpopulationen der beiden anderen Höckerschildkröten kommt es auch zu einer größeren Körpergröße. Wir untersuchten hier die Ernährung von G. oculifera anhand von Kotproben und stellten fest, dass sie sich im Gegensatz zu früheren Ergebnissen auch hauptsächlich von Schwämmen und Insekten ernähren. Die Weibchen verzehrten auch Algen, asiatische Muscheln und in einer Küstenpopulation auch Meeresmuscheln. In Flussabschnitten mit geringem Gefälle in Küstennähe erreichte G. oculifera große Körpergrößen im Vergleich zu jenen Populationen, die in von Sandbänken dominierten Binnengewässern lebten. Auch an den Zusammenflüssen des Pearl River mit seinen Nebenflüssen und der Einmündung ins Ross Barnett Reservoir existierten vergleichsweise große G. oculifera. Die Tatsache, dass G. oculifera an den beiden Einmündungen in einen großen Stausee im Landesinneren denselben Trend bei der Körpergröße zeigte wie an den Küstenstandorten, lässt vermuten, dass der Hauptgrund für die große Körpergröße die thermische Stabilität und/oder die Verlangsamung der Strömung sein könnte, da diese Energieeinsparung und einen verbesserten Zuwachs (Metabolismus) unterstützen und nicht wie üblich angenommen dadurch zustande kommt, dass die Küstenpopulationen sich weit häufiger von Brackwassermuscheln ernähren, denn letztere kommen in der Nähe des Stausees nicht vor. Darüber hinaus kann es an der Einmündung in den Stausee ebenso wie auch an den Küstenstandorten auch zu einer verstärkten Bedrohung durch Alligatoren kommen, die einen Selektionsdruck hin zu größeren Körpergrößen bedingen. Insgesamt zeigen die drei allopatrischen Höckerschildkröten als ökologische Analoga ein Muster von vikarianter Divergenz (geographische Aufspaltung einer Population) was mit den Erkenntnissen für andere allopatrische Gruppen verwandter Arten übereinstimmt.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Studie adressiert die Überprüfung von mehreren Hypothesen wie es bei den drei schmalköpfigen Höckerschildkrötenarten zu den unterschiedlichen und geographisch variierenden Körpergrößen in ihren jeweiligen Flusssystemen kommen kann wo ja jede Spezies auch mit einer viel größeren Art aus der gleichen Gattung sympatrisch vorkommen. Dazu geht die Einleitung erst einmal auf die durch geographische Barrieren bedingte Speziation kurz ein, um dann das Bekannte für Graptemys nigrinoda, Graptemys flavimaculata und Graptemys oculifera näher einzugehen und auf die jeweiligen Hypothesen zu verwiesen. Insbesondere wird dabei auch auf deren Ernährungsweisen eingegangen, die anschließend im Ergebnisteil dann auch für G. oculifera zusammen mit dem Größenwachstum in Tabellen zusammengefasst werden, wobei auch der Bezug zum geografischen Standort beschrieben wird. Wie oben schon im Abstract erwähnt kristallisierten sich dabei für G. oculifera zwei der Hypothesen als am wahrscheinlichsten heraus, nämlich zum Einen, dass die langsame Fließgeschwindigkeit dort wo die Flüsse zusammenfließen und in den Stausee münden ebenso im Flussdelta welches ins Meer mündet dazu beitragen, dass die Strömung geringer wird und sich und das Wasser stärker und langanhaltender erwärmt dazu führen, dass sowohl die Beuteorganismen wie auch der Stoffwechsel der Schildkröten einen gesteigerten Zuwachs erlauben und zum zweiten dass der dort vorherrschende verstärkte Beutegreiferdruck der von den Alligatoren ausgeht dazu führt, dass eine große Körpergröße Vorteile bietet. Siehe dazu auch Snover et al., (2015) und Wolak et al. (2010) sowie die dortigen Kommentare.

Literatur

Snover, M. L., M. J. Adams, D. Ashton, J. B. Bettaso & H. H. Welsh Jr. (2015): Evidence of counter-gradient growth in western pond turtles (Actinemys marmorata) across thermal gradients. – Freshwater Biology 60(9): 1944-1963 oder Abstract-Archiv.

Wolak, M. E., G. W. Gilchrist, V. A. Ruzicka, D. M. Nally & R. M. Chambers (2010): A Contemporary, Sex-Limited Change in Body Size of an Estuarine Turtle in Response to Commercial Fishing. – Conservation Biology 24(5): 1268-1277 oder Abstract-Archiv.

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