Rio Grande Schmuckschildkröte, Pseudemys gorzugi, ein juveniles Exemplar – © Ivana Mali

Vandewege - 2024 - 01

Vandewege, M. W., J. Gutierrez, D. R. Davis, M. R. J. Forstner & I. Mali (2024): Patterns of genetic divergence in the Rio Grande cooter (Pseudemys gorzugi), a riverine turtle inhabiting an arid and anthropogenically modified system. – Journal of Heredity esae011.

Die Muster der genetischen Aufspaltung bei der Rio Grande Schmuckschildkröte (Pseudemys gorzugi) einer flussbewohnenden Wasserschildkröte in einem trockenen und vom Menschen veränderten System.

DOI: 10.1093/jhered/esae011 ➚

Rio Grande Schmuckschildkröte, Pseudemys gorzugi, – © Drew R. Davis
Rio Grande Schmuckschildkröte,
Pseudemys gorzugi,
© Drew R. Davis

Der untere Rio Grande und der Pecos-Fluss im Südwesten der Vereinigten Staaten von Amerika wurden durch menschliche Eingriffe sehr stark verändert, sodass es zu erheblichen Störungen für die aquatischen Lebewesen kam. In diesem Zusammenhang fokussierte unsere Studie auf die Populationsgenomik bei der Rio Grande Schmuckschildkröte (Pseudemys gorzugi), einer Süßwasserschildkröte zunehmend ins Interesse des Erhaltungsmanagement gerät und die diese beiden Flusssysteme mit ihren Zuflüssen bewohnt. Die genetischen Daten ergaben zwei distinkte Populationen: Eine die den Pecos- und Black-River in Neu Mexiko besiedelt sowie eine weitere Population die den Rio Grande und Devils River von Texas bewohnt, wobei wir eine Vermischungszone (Introgressionszone) von Individuen beim Zusammenfluss von Rio Grande und Pecos feststellen konnten. Zusätzlich zu diesem nur kleinen geographischen Verbreitungsgebiets beobachteten wir eine niedrige Heterozygotie, eine verringerte Nukeotiddiversität sowie eine kleine effektive Populationsgröße (Ne) bei der Population in Neu Mexiko. Unsere Ergebnisse verweisen auf ein signifikantes Muster einer entfernungsabhängigen Isolation hin und zwar innerhalb des gesamten Verbreitungsgebiets, wobei hervorzuheben ist, dass es nur zu vereinzelten Wanderungen am Zusammenfluss der Flüsse kommt. Diese Ergebnisse sind essentiell für die Planung von zukünftigen Erhaltungs- und Restaurationsstrategien, die auf die Notwendigkeit verweisen, die einzigartigen Bedürfnisse jeder dieser beiden Populationen zu berücksichtigen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier haben wir wieder einmal die Situation wo man auf der einen Seite zwei als getrennt erkannte Populationen als eigenständige Evolutionslinien erhalten will und zum anderen festgestellt hat, dass zumindest die Population in Neu Mexiko nur noch eine geringe Populationsgröße aufweist. Ebenso verweist man zwar auf zukünftige Erhaltungsstrategien, kann aber keine Angaben dazu machen, ob es überhaupt möglich und politisch umsetzbar ist, die wirtschaftliche Nutzung dieser Flusssysteme so umzugestalten, dass solche Erhaltungsmaßnahmen erfolgversprechend sein könnten. Wie mir die Autoren persönlich mitteilten, gibt es auch keine erkennbaren phänotypischen Unterschiede zwischen diesen beiden Populationen. Denn eigentlich müsste man ja davon ausgehen, dass sich diese beiden Populationen irgendwann einmal voneinander getrennt haben, auch wenn das schon vor langer Zeit gewesen sein könnte. Auch bleibt unklar warum sie sich nur im Bereich der Einmündung des einen in das andere Flusssystem in vereinzelten Fällen erfolgreich vermischen (Könnte hier so etwas Ähnliches beobachtet worden sein wie für Gopherus von Averill-Murray & Averill-Murray, 2005). Aus meiner Sicht müsste man eigentlich auch einmal überdenken, ob eine langfristig ausgerichtete Erhaltungsstrategie nicht eher auf eine verstärkte Zusammenführung der beiden Populationen mitberücksichtigen sollte als nur auf die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse einer jeden eigenständigen Population zu verweisen. Letzteres würde ja eine mögliche genetische Diversitätsverarmung eher fördern als zeitnah die Situation einer genetischen Verarmung abzumildern. Wenn man davon ausgeht, dass in diesen Trockengebieten der Klimawandel eher deutlichere Beeinträchtigungen für diese Populationen bereithalten dürfte, dann sollte man zumindest für natürliche Systeme solche Maßnahmen mitberücksichtigen. Letztendlich könnte es sehr schnell dazu kommen eine Population in der Natur ganz zu verlieren oder sie nur in menschlicher Obhut zu erhalten. Was wir Menschen dann bezüglich der Erhaltung in menschlicher Obhut damit machen bleibt unsere Entscheidung und dürfte sowieso auf eine artifizielle Population hinauslaufen deren Individuen und deren ganze biologische Parameterpalette (Phänotyp, Biochemie, Physiologie, kognitive Eigenschaften) sowie anders zu bewerten sein dürfte als bei wildlebenden durch natürliche Selektion geprägten Freilandpopulationen. Siehe dazu auch Averill-Murray & Averill-Murray, 2005; Murali et al., 2023 und die dortigen Kommentare.

Literatur

Averill-Murray, R.C. & A. Averill-Murray (2005): Regional-scale estimation of density and habitat use of the Desert Tortoise (Gopherus agassizii) in Arizona. – Journal of Herpetology 39(1): 65-72 oder Abstract-Archiv.

Murali, G., T. Iwamura, S. Meiri & U.Roll (2023): Future temperature extremes threaten land vertebrates . – Nature 615(7952): 461-467 oder Abstract-Archiv.

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