Kuchling - 2020 - 01

Kuchling, G. (2020): Revised Type Locality and Distribution of the Data Deficient Chelodina kuchlingi and a Review of its Status as a Distinct Species. – Chelonian Conservation and Biology 19(1): 48-57.

Eine revidierte Typus-Lokalität und Verbreitungsangabe für Chelodina kuchlingi für die derzeit keine Daten exsistieren sowie eine Übersicht zu deren Status als eigenständige Spezies.

DOI: 10.2744/CCB-1392.1 ➚

Die Beschreibung von Chelodina kuchlingi basiert auf einem einzigen Holotypus mit der Fundortangabe Kalumburu im nördlichen Kimberley, Westaustralien. Während des letzten Jahrzehnts wurde C. kuchlingi in Bezug auf ihren Status als eigenständige Art unterschiedlich eingeschätzt, da die Akkuratheit der Typuslokalität in Frage gestellt wurde und sie als Synonym für Chelodina rugosa angesehen wurde. Die Serum-immunologischen Daten, die vor 45 Jahren publiziert worden waren ließen vermuten, dass sie den Status einer Schwesterart zu der damals noch unbeschriebenen C. rugosa einnimmt und das wurde kürzlich auch durch Daten die anhand der Mitochondrialen-DNS-Technologie gewonnen wurden unterstützt. Demzufolge ist C. kuchlingi in der neuesten Version der Roten Liste der International Union for Conservation of Nature als valide Art gelistet, für die aber keine Daten verfügbar sind. Eine Durchsicht der verfügbaren Dokumente aus den 1960-iger Jahren zeigt, dass es zu einer Vermischung bei den Sammlungsangaben für verschiedene Exemplare gekommen war, die in der Zeit von 1965 und 1966 in Kimberley gesammelt worden waren und deren Erfassung und Zuordnung die 9-24 Monate später im Museum von Westaustralien stattfand. Drei Exemplare von C. kuchlingi, einschließlich des Holotypus wurden nachweislich in 1965 am Parry-Flüsschen im östlichen Kimberley eingesammelt. Ein zusätzliches C. kuchlingi-Exemplar war auch an gleichem Ort in 1974 eingesammelt worden. Schildkrötenerfassungen in der Kalumburu-Region die nach 1974 durchgeführt wurden erfassten keine C. kuchlingi. Die Typuslokalität für Chelodina kuchlingi Cann 1997 wurde entsprechen korrigiert und als Parry Creek, im niederen Überschwemmungsgebiet des Flusses Ord in Kimberley, Westaustralien (ICZN Recommend. 76A.2) beschrieben. Die derzeit bekannte Verbreitung von C. kuchlingi ist auf diese Lokalität begrenzt. Dammbauten im Ord-Fluss während der Jahre 1960 bis 1970 und großflächige landwirtschaftliche Entwicklungen veränderten die hydrologischen Bedingungen in diesem Zuflussgebiet und es kam zu einer Kanalverbindung, die bis nahe an das Victoriaflusseinzugsgebiet in den Northern Territory reicht. Schildkrötenerhebungen in der Region des Parry Creek während des 21. Jahrhunderts fanden keine C. kuchlingi und verzeichneten nur Chelodina walloyarrina und C. rugosa–ähnliche Exemplare. Chelodina rugosa ist aber weitverbreitet innerhalb des Northern Territory und in Queensland, sie wurde aber nie bei Erhebungen, die vor 2007 in der Kimberleyregion durchgeführt wurden dort verzeichnet. Es ist deshalb dringend erforderlich zu untersuchen, ob eine Invasion mit der häufig vorkommenden weitverbreiteten Schwesterart die Vorkommen der seltenen sehr lokalisiert vorkommenden C. kuchlingi bedroht.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier scheint es fast so als seien die letzten wohl damals lebend angetroffenen Exemplare von C. kuchlingi heute nur noch als Museumsleichen präsent. Sicher waren sie wohl zur Beschreibung der Art notwendig und vielleicht wüssten wir auch nichts über deren einstmalige Existenz ohne diese Museumsexemplare. Wir sollten aber auch sehen, dass das nur ein Beispiel dafür ist, wie wir sowohl mit den Kreaturen und auch mit deren Lebensräumen umgehen. Ich denke da die Beschreibung sowieso nur auf einem Holotypusexemplar beruht hätte es auch schon 1965 gereicht die anderen Exemplare nur entsprechend fotografisch und eventuell mittels einer kleinen Blutprobe erfasst zu haben siehe Kommentar zu Chiro & Ineich, 2006). Sicher mögen jetzt manche sagen – Ja das hätte auch nichts genützt, den die Lebensraumumstrukturierung hätte auch an deren Verschwinden nichts geändert. Aber sollten wir nicht auch sehen, dass die Dezimierung selbst weniger Individuen auch die Überlebenschance einer Art verringert. Im „Überlebenskampf“ und bei der Adaptation an sich verändernde Lebensräume geht es immer nur um die Nutzung von Chancen. Das ist genauso wie beim Lottospielen – die Gewinnchancen steigen mit der Zunahme der ausgefüllten Spielfelder auch dann, wenn sie immer noch sehr gering bleiben versuchen es einige unserer Mitbürger trotzdem immer wieder diese Gewinnchancen zu sichern. Belebte Materie verhält sich eben auf all ihren Entwicklungsstufen immer so wie „Im Wahren Leben“ und daran sollten wir uns eigentlich immer erinnern. Ja und auch die Arterhaltungsbiologie versucht ja auch aus wenigen überlebenden Individuen eines Taxons noch angeblich überlebensfähige Erhaltungspopulationen aufzubauen (Siehe dazu als Beispiel Kuchling, 2006; Cuora yunan).

Literatur

Chiro, L. & I. Ineich (2006): Biogeography of the reptiles of the Central African republic. – African Journal of Herpetology 55(1): 23-59 oder Abstract-Archiv.

He, J., T. Zhou, D. Q. Rao & Y. Zhang (2007): Molecular identification and phylogenetic position of Cuora yunnanensis. – Chinese Science Bulletin 52(23): 3305-3309 oder Abstract-Archiv.

Kuchling, G. (2006): An ecophysiological approach to captive breeding of the swamp turtle Pseudemydura umbrina. In: Artner, H., Farkas, B. & V. Loehr (Eds.); Turtles: Proceedings of the International Turtle & tortoise Symposium, Vienna 2002. – Edition Chimaira 196-225 oder Abstract-Archiv.