Gelbwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta scripta, – © Hans-Jürgen Bidmon

Iverson - 2024 - 01

Iverson, J. B. (2024): Reproductive Output in the Pond Slider, Trachemys scripta, in Arkansas, USA, with Range-Wide Comparisons. – Chelonian Conservation and Biology 22(2): 197-205.

Die Reproduktionsleistung bei Buchstaben-Schmuckschildkröten, Trachemys scripta, in Arkansas, USA und im Verbreitungsgebiet weiten Vergleich.

DOI: 10.2744/CCB-1576.1 ➚

Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta elegans,
© Hans-Jürgen Bidmon

Ich untersuchte die Fortpflanzungsleistung von 24 erwachsenen weiblichen Gelbwangen-Schmuckschildkröten (Trachemys scripta), die Anfang und Mitte Mai 1997-1999 in Zentral-Arkansas gesammelt wurden.
Alle Weibchen waren tragend oder besaßen Follikel von ovulatorischer Größe, obwohl eines ein früheres Gelege abgesetzt hatte. Die sezierten Weibchen besaßen jeweils 2-3 Sätze vergrößerter Follikel, was auf eine jährliche Gelegehäufigkeit von 3 bis 4 hinweist (positive Korrelation mit der Körpergröße). Die Gelegegröße betrug durchschnittlich 10,7 Eier und nahm tendenziell mit der Größe des Weibchens zu. Die Eigröße betrug durchschnittlich 36,7 × 22,3 mm und das Eigewicht mit durchschnittlich 10,73 g, stand in keinem Zusammenhang mit der Größe des Weibchens oder des Geleges und war im gesamten Verbreitungsgebiet der Art bemerkenswert konstant. Letzteres lässt auf eine Selektion hin, die auf auf eine optimale Eigröße ausgerichtet ist. Die relative Gelegemasse (RCM: Gelegemasse/Gravide-Körpermasse) lag im Durchschnitt bei 7,9 % und nahm mit zunehmender Körpergröße der Weibchen ab.
Vergleiche mit anderen Schmuckschildkrötenpopulationen ergaben deutlich unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien für T. s. elegans und T. s. scripta. Trotz ihrer schwereren Körper (höhere Panzer) produziert T. s. scripta relativ weniger (8,3 vs. 12,3) Eier ähnlicher Größe, was zu einem viel geringeren Output pro Gelege führt (RCM: 3,8 % vs. 8,6%). Diese deutlich höhere Reproduktionsleistung trägt zweifellos zum Erfolg von T. s. elegans bei, die ja als global invasives Taxon beschrieben wird. Die Gelegegröße nahm bei beiden Unterarten in allen Populationen mit der Körpergröße zu, aber nur bei T. s. elegans stiegen beide Parameter mit dem Breitengrad an. Im Gegensatz dazu nahm die Eigröße nur bei T. s. scripta mit der Körpergröße zu und variierte bei beiden Unterarten nicht mit dem Breitengrad. Diese Daten stimmen mit der Theorie der optimalen Eigröße insofern überein, als eine Steigerung der Reproduktionsleistung in erster Linie durch eine Erhöhung der Gelegegröße und nicht der Eigröße erreicht wird.

Gelbwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta scripta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Gelbwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta scripta,
© Hans-Jürgen Bidmon

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit verdeutlicht sehr schön welche, ich möchte mal hervorheben, „Populationsphänotypspezifikationen“ es geben kann bei Spezies die eigentlich ein und dieselbe Art repräsentieren sollen (Vamberger et al., 2020). Sicher könnte man auch hier wieder auf eben nur Populationsunterschiede verweisen, aber der eher generell zu beobachtende einseitige Bezug zum Breitengrad ebenso wie die unterschiedlichen Gelegegrößen sollten doch nachdenklich stimmen. Aber es ist ja auch nicht ganz auszuschließen, dass solche Unterschiede auch epigenetisch (speziesspezifisch?) vererbt werden (siehe z. B. Tevs et al. 2023). Was würde letzteres für die Taxonomie letztendlich bedeuten? Oder sollten wir von vornherein gleich nur auf den Grad der Anpassung an ein bestimmtes Umweltszenario setzen? Hier haben wir wieder den schon so lange diskutierten Zwiespalt zwischen Phänotyp und Genotyp (siehe Renner, 2016 und den dortigen Kommentar).
Eine weitere Frage die sich daraus ableiten ließe wäre die Frage: Ob epigenetische Anpassungen bzw. Veränderungen eine wesentliche Rolle für das Invasionspotential eines Taxons spielen? Sieh dazu auch Gong et al. (2023) und Kalaentzis et al. (2023) sowie die dortigen Kommentare.

Literatur

Gong, S., Y. Gao, H. Duan, Y. Ge & Y. F. Wei (2023): Incorporating physiological data into species distribution models to predict the potential distribution range of the red-eared slider in China. – Ecological Indicators 154: 110749 oder Abstract-Archiv.

Kalaentzis, K., C. Kazilas, I. Strachinis, E. Tzoras & P. Lymberakis (2023): Alien Freshwater Turtles in Greece: Citizen Science Reveals the Hydra-Headed Issue of the Pet Turtle Trade. – Diversity 15(5): 691 oder Abstract-Archiv.

Renner, S. S. (2016): A Return to Linnaeus's Focus on Diagnosis, Not Description: The Use of DNA Characters in the Formal Naming of Species. – Systematic Biology 65(6): 1085-1095 oder Abstract-Archiv.

Tevs, D. R., E. Simpson, M. E. Lauer, D. Ray, L. D. McBrayer, K. G. Ashton, E. D. McCoy, H. R. Mushinsky & A. W. Schrey (2023): Diverging Epigenetic Responses to Wildfire History in Two Sympatric Lizards. – Journal of Herpetology 57(3): 254–261; DOI: 10.1670/22-050 ➚.

Vamberger, M., F. Ihlow, M. Asztalos, J. E. Dawson, S. E. Jasinski, P. Praschag & U. Fritz (2020): So different, yet so alike: North American slider turtles (Trachemys scripta). – Vertebrate Zoology 70(1): 87-96 oder Abstract-Archiv.

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