Waldbachschildkroete, Glyptemys insculpta, – © Donald J. Brown

Beard - 2024 - 01

Beard, A. N., D. J. Brown, E. T. Hileman, M. T. Jones, J. M. Staggs, R. A. Moen, A. F. Badje & C. M. Lituma (2024): Influence of temporary emigration on wood turtle (Glyptemys insculpta) detectability, with implications for abundance estimation. – PLoS One 19(4): e0302170.

Der Einfluss der phasenweisen Abwanderung auf die Nachweisbarkeit von Waldbachschildkröten (Glyptemys insculpta) und deren Auswirkungen auf die Abschätzung der Abundanz.

DOI: 10.1371/journal.pone.0302170 ➚

Waldbachschildkröte, Glyptemys insculpta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Waldbachschildkröte,
Glyptemys insculpta,
Jungtier in Freilandanlage
© Hans-Jürgen Bidmon

Zuverlässige Populationsschätzungen sind wichtig, um fundierte Entscheidungen über die Bewirtschaftung von Wildtierarten zu treffen. Es wurden standardisierte Erhebungsprotokolle zur Überwachung der Populationstrends für die Waldbachschildkröte (Glyptemys insculpta) entwickelt, einer semiaquatischen Süßwasserschildkrötenart, die in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet im östlichen und zentralen Nordamerika unter Naturschutz steht. Die Protokolle verwenden wiederholte Erhebungen mit aktiver Suche in bestimmten Gebieten, die eine Schätzung der erhebungsspezifischen Entdeckungswahrscheinlichkeit (p) und der ortsspezifischen Abundanz ermöglichen. Bei diesen Protokollen wird davon ausgegangen, dass die Population innerhalb des Erhebungsgebiets während des Erhebungszeitraums geschlossen ist, was jedoch unwahrscheinlich ist, da die Waldbachschildkröte eine sehr mobile Art repräsentiert. Darüber hinaus verwenden die aktuellen Protokolle ein Single-Pass-Design, das keine Trennung von der Verfügbarkeit (pa) sowie der Nachweisbarkeit (pd) ermöglicht. Wenn es systematische Einflüsse auf pa oder pd gibt, die im Erhebungsdesign oder in der Datenanalyse nicht berücksichtigt werden, könnten die daraus resultierenden Abundanzschätzungen verzerrt sein. Ziel dieser Studie war es, festzustellen, ob pa ein Zufallsprozess ist und ob pa und pd durch demografische Merkmale beeinflusst werden. Wir änderten das Protokoll der Waldbachschildkrötenerhebung, das im oberen Mittleren Westen verwendet wird, um ein Double-Pass-Design einzubeziehen, das es uns ermöglichte, pa und pd mit einem robusten Design Capture-Recapture-Modell zu schätzen. Das modifizierte Protokoll wurde zwischen 2017 und 2022 an 14 Waldschildkröten-Monitoring-Standorten in Minnesota und Wisconsin umgesetzt. Unsere Ergebnisse zeigten, dass pa nicht zufällig war und dass pd mit der Panzerlänge der Schildkröte zunahm. Unsere Studie deutet darauf hin, dass die Modellannahmen der aktuellen Populationsmodelle für Waldschildkröten möglicherweise verletzt werden, was zu einer Überschätzung der Abundanz führen könnte. Wir erörtern mögliche Änderungen des Protokolls und der Modellierung, die zu genaueren Schätzungen der Populationsgröße von Waldbachschildkröten führen könnten.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit bezieht sich auf eine vergleichende Reevaluierung der Studie von Brown et al. (2027). Diesbezüglich beschreibt die Arbeit die Nutzung eines neuen Protokolls zur Feststellung und Abschätzung der Vorkommenshäufigkeit bzw. Populationsgröße von Waldbachschildkröten, wobei die neue Vorgehensweise berücksichtigt, dass die Auffindbarkeitswahrscheinlichkeit von kleinen Individuen (Nachwuchs) schwieriger und deshalb statistisch niedriger ist als bei großen adulten Individuen. Konkret belegen die Daten, dass die kleinsten nachgewiesenen Individuen (57 mm CL) eine pd-Wert von 0,32 haben der auf 0,63 für die größten Exemplare (234 mm CL) ansteigt. Deshalb plädieren die Autoren hier für eine Abundanzabschätzung die die Körpergröße mitberücksichtigt. Allerdings verbleiben die kleineren Jungschildkröten häufiger vor Ort verfügbar und wandern wesentlich weniger ab. Im Gegensatz dazu sinkt bei den adulten Individuen die Verfügbarkeit, weil sie wesentlich häufiger zeitweise das Untersuchungsgebiet verlassen woraus sich Abweichungen zwischen den Nachweismethoden ergeben (siehe zum Vergleich Brown et al., 2017). Aus den Daten leiten die Autoren ab, dass man die Populationsgrößenabschätzung in Bezug auf zwei Größenklassen separat durchführen sollte nämlich für den Populationsanteil an Individuen die kleiner als 170 mm Carapaxlänge sind und jenen deren CL > 170 mm beträgt. Insofern bietet diese Studie eventuell auch neue methodische Ansätze für die Populationsgrößenabschätzung bei anderen Arten wie z. b. Mauremys rivulata sowie Emys orbicularis etc. für die auch weiträumige Wanderungen von adulten Individuen bekannt sind (siehe z. B. Chelazzani et al., 2007; Serrano et al., 2020).

Literatur

Brown, D. J., M. M. Cochrane, R. A. Moen (2017): Survey and analysis design for wood turtle population monitoring. – The Journal of Wildlife Management 81(5): 868–77; DOI: 0.1002/jwmg.21249 ➚.

Chelazzi, G., T. Naziridis, S. Benvenuti, A. Ugolini & A. J. Crivelli (2007): Use of river-wetland habitats in a declining population of the terrapin (Mauremys rivulata) along the Strymon River, northern Greece. – Journal of Zoology 271(2): 154-161 oder Abstract-Archiv.

Serrano, F., R. Pita, M. Ferreira, P. Beja & P. Segurado (2020): Landscape connectivity affects individual survival in unstable patch networks: The case of a freshwater turtle inhabiting temporary ponds. – Freshwater Biology 65(3): 540-551 oder Abstract-Archiv.

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