Zierschildkröte, Chrysemys picta, im Gartenteich – © Hans-Jürgen Bidmon

Feldman - 2007 - 01

Feldman, M. L (2007): Some options to induce oviposition in turtles. – Chelonian Conservation and Biology 6(2): 313-320.

Einige Optionen die Eiablage von Wasserschildkröten zu induzieren

DOI: 10.2744/1071-8443(2007)6[313:SOTIOI]2.0.CO;2 ➚

Waldbachschildkröte, Glyptemys insculpta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Waldbachschildkröte,
Glyptemys insculpta,
adultes Weibchen in Freilandanlage
© Hans-Jürgen Bidmon

Von 1978 bis 2006 wurde die Eiablage bei 13 Nordamerikanischen Schildkrötenarten eingeleitet. Von 245 Indizierungen wurde 195 Mal ausschließlich Oxytocin, 22 Mal ausschließlich das Arginin Vasotocin, 13 Mal eine Kombination aus Oxytocin und Ketamin, 8 Mal eine Kombination aus Propranolol und Oxytocin und 7 Mal Propranolol und AVT verwendet. Bei wildlebenden Chrysemys picta picta waren die Eier nach Oxytocin-induzierter Ablage genauso lebensfähig wie die aus natürlichen Gelegen. Die empfohlene Dosierung für die alleinige Gabe von Oxytocin liegt abhängig von der Art bei 0,7-4,0 Einheiten je 100 g. Bei Arten, bei denen mehr als 28 Individuen nach dieser Dosierungsempfehlung behandeltet worden waren, wurden bei 74 % und 82 % der Anwendungen alle Eier nach der ersten Behandlung abgelegt. Nach der zweiten Behandlung wurden zwischen 83 % und 94 % der Fälle alle Eier abgelegt. Es wäre wünschenswert, eine Kombination leicht zu nutzender Arzneimittel zu finden, die eine höhere Erfolgsrate nach der Erstinjektion erzielen, insbesondere für Arten, für die bekannt ist, dass sie nicht auf Oxytocin reagieren. Auch wenn nur wenige Tiere (13) involviert waren, so scheint sich die Kombination von Ketamin und Oxytocin als effektiver als Oxytocin alleine herauszustellen. Als signifikant negativer Effekt der Oxytocingabe wurde beobachtet, dass die behandelten Schildkröten in den folgenden Tagen bis Wochen Nistverhalten zeigten. Dieser Nebeneffekt könnte das Risiko der Prädation oder eines Traumas bei wild lebenden Schildkröten nach der Behandlung mit Oxytocin erhöhen. Das könnte durch die Verwendung einer mehr physiologischen Arzneimittelkombination anstatt der alleinigen Gabe von Oxytocin zur Induzierung der Eiablage verhindert werden. Die natürliche Eiablage ist komplex und beinhaltet zumindest die Interaktion von den peripheren beta-adrenergen Neuronen, AVT, und Prostaglandin F-2 Alpha (PGF). Andere, mehr physiologische Annäherungen, die Eiablage einzuleiten, könnten auch dadurch erreicht werden, indem man Beta-adrenergic Blocker zusammen mit Oxytocin oder PGF, von PGF und Oxytocin, von PGF und Ketamin oder von Oxytocin und Ketamin verabreicht.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Mich wundert schon, warum man hier nicht auch eine Vorbehandlung mit Kalziumpräparaten vor der Oxytocingabe in Erwägung zieht, denn hierzulande gibt es damit schon gute Erfahrungen. Zudem muss man sich fragen, warum waren bei einem gewissen Prozentsatz der Individuen keine vollständigen Eiablagen zu erzielen? Legenot, die den Einsatz solcher Mittel erforderlich machen, können auch durch Vorerkrankungen der Muttertiere zustande kommen, so dass es nicht auszuschließen ist, dass je nach Vorschädigung der Weibchen die eine Behandlung besser und vollständiger verläuft als die bei einem anderen Tier, das vielleicht schon insgesamt geschwächter ist. Im letzteren Fall wäre es sehr fraglich, ob weitere Kombinationsmöglichten die Ergebnisse verbessern würden, denn je mehr Medikamente kombiniert werden, desto größer könnten auch die Nebenwirkungen für die Stoffwechsel- und Ausscheidungsorgane wie Leber und Niere werden. Nichtsdestotrotz lohnt sich ein entsprechender experimenteller Ansatz. Die Beobachtung, dass manche Oxytocin-behandelte Weibchen selbst Tage später noch Grabbewegungen machen kann durchaus verschiedene Gründe haben. Zum einen kann die Oxytocindosis zu hoch gewesen sein oder die Umgebungstemperatur nach der Behandlung so ungünstig gewesen sein, dass die Oxytocinmenge eben nicht schnell genug abgebaut werden konnte und deshalb noch wirkt. Dass Medikamente in Schildkröten eventuell langsamer abgebaut werden als in Säugern wurde schon mehrfach gezeigt (siehe Jacobson et al. (2005)). Zum zweiten gibt es auch die Möglichkeit, dass man eine solche Eiablage auch mal zu früh induziert hat und das betroffene Weibchen eben einige Zeit später ihrem endogenen Rhythmus folgend noch eine zusätzliche eigene Oxytocinausschüttung aus der Neurohypophyse macht, die dann nachfolgend Grabbewegungen zu dem Zeitpunkt induzieren würden, wo das entsprechende Tier eventuell auf natürliche Weise abgelegt hätte. Man muss also auch nicht in jedem Fall Nach- bzw. Nebenwirkungen vermuten, bloß weil man bei Säugetieren einen solches Verhalten nach Auslösung von Wehen nie beobachtet hat. Bei Säugetieren wirkt aber das nach der Geburt ausgeschüttete Oxytocin auf die glatten Myoepithelzellen der Milchdrüsen und fördert den Milchfluss, bei Reptilien mag es aus Mangel an Milchdrüsen vielleicht nur die Möglichkeit geben, dass das ausgeschüttete Oxytocin eben Eileiterkontraktionen und über das Nervensystem Grabbewegungen induziert, bis es von der Leber vollständig abgebaut ist. Zudem sollte man, wenn man wirklich Oxytocin zum richtigen Zeitpunkt und mit maximaler Wirkung einsetzen möchte, vielleicht vorher den Progesteronspiegel der Weibchen prüfen. Progesteron ist der physiologische Gegenspieler von Oxytocin und verhindert zum Beispiel ein unphysiologisch frühes Einsetzen der Muskelkontraktionen. Da beim normalen physiologischen Ablagegeschehen bei allen bislang untersuchten Tieren immer vor der Oxytocinausschüttung die Progesteronproduktion eingestellt wird, könnte einem die Überprüfung des Progesteronspiegels durchaus ein Indiz dafür liefern, wann Oxytocingaben sinnvoll wären. Sicher, in der Praxis kosten solche Titerbestimmungen Geld und sind nicht überall sofort durchführbar, aber bei wertvollen bzw. seltenen Tieren wäre ein solches Vorgehen in einer gut ausgestatteten Tierklinik sicher sinnvoller als mit bislang nie richtig ausgetesteten Medikamentenkombinationen wie Oxytocin und Ketamin (Anästhetikum) zu experimentieren.

Literatur

Jacobson, E., R. Gronwall, L. Maxwell, K. Merrit & G. Harman (2005): Plasma concentrations of enrofloxacin after single-dose oral administration in loggerhead sea turtles (Caretta caretta). – Journal of Zoo and Wildlife Medicine 36(4): 628-634 oder Abstract-Archiv.

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