Westliche Zierschildkröte, Chrysemys picta bellii, – © Haushe Suganthan
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Huang - 2025 - 01

Huang, Fu-Bao-Qian, Kuo Liao, Yu-Nong Sun, Zi-Hao Li, Yan-Ru Zhang, Ping-Fang Liao, Si-Yuan Jiang, Zhi-Yong Zhu, Duo-Yuan Chen, Ying Lei, Shi-Ping Liu, You-Ning Lin & Zhen-Kun Zhuang (2025): Cross-species single-cell transcriptomics reveals neuronal similarities and heterogeneity in amniote pallium. – Zoological Research 46(1): 193-208.

Speziesübergreifende Einzelzelltranskriptomik zeigt neuronale Ähnlichkeiten und Heterogenität im Pallium von Amnioten.

DOI: 10.24272/j.issn.2095-8137.2024.102 ➚

Westliche Zierschildkröte, Chrysemys picta bellii, – © Haushe Suganthan
Westliche Zierschildkröte, Chrysemys picta bellii,
© Haushe Suganthan

Das Amnioten-Pallium, ein wichtiger Bestandteil des Vorderhirns, weist erhebliche evolutionäre Unterschiede zwischen den Arten auf und vermittelt verschiedene Funktionen, darunter sensorische Verarbeitung, Gedächtnisbildung und Lernen. Die Beziehungen zwischen den pallialen Subregionen in verschiedenen Arten sind jedoch nach wie vor unzureichend charakterisiert, insbesondere im Hinblick auf die Identifizierung homologer Neuronen und ihrer Transkriptionssignaturen. In dieser Studie haben wir die Einzelkern-RNA-Sequenzierung genutzt, um über 130.000 Kerne aus dem Neokortex des Makaken (Macaca fascicularis) zu untersuchen, ergänzt durch Datensätze von Menschen (Homo sapiens), Mäusen (Mus musculus), Zebrafinken (Taeniopygia guttata), Schildkröten (Chrysemys picta bellii) und Eidechsen (Pogona vitticeps), was einen umfassenden artenübergreifenden Vergleich ermöglichte. Die Ergebnisse zeigten transkriptomische Konservierung und artspezifische Unterschiede innerhalb des Palliums von Amnioten. Es wurden bemerkenswerte Ähnlichkeiten zwischen den Zellsubtypen beobachtet, insbesondere innerhalb der PVALB + inhibitorischen Neuronen, die Subtypen aufwiesen, die von den Arten bevorzugt wurden. Darüber hinaus wurden Korrelationen zwischen pallialen Subregionen und mehreren Transkriptionsfaktor-Kandidaten identifiziert, darunter RARB, DLX2, STAT6, NR3C1 und THRB, die im Vergleich zu ihren Pendants bei Vögeln und Reptilien potenziell regulatorische Funktionen bei der Genexpression in pallialen Neuronen von Säugetieren haben. Diese Ergebnisse unterstreichen die konservierte Natur hemmender Neuronen, die bemerkenswerte regionale Divergenz erregender Neuronen und die artspezifische Genexpression und -regulation in pallialen Neuronen von Amnioten. Insgesamt liefern diese Ergebnisse wertvolle Einblicke in die evolutionäre Dynamik des Palliums von Amnioten.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier wird der wissenschaftliche Begriff Pallium (Mantel) im Sinne von kortikalen Hirnstrukturen verwendet. Die Arbeit verweist zwar im Abstract der Arbeit auf speziesspezifische Unterschiede, aber diese würde ich nicht zu sehr überbewerten, denn sie weisen aus phylogenetischer Sicht trotz allem genug Gemeinsamkeiten auf was hier insbesondere in Bezug auf die konservierte Natur (Abstammung und Funktion) für die hemmenden Nervenzellen hervorgehoben wird. Insofern liefert diese Arbeit für jene die sich mit dem Verhalten und den kognitiven Fähigkeiten auch bei den „sogenannten phylogenetisch älteren“ Tierarten beschäftigen die Grundlagen dafür warum auch Reptilien und auch die hier nicht mit einbezogenen Amphibien und Fische solch komplexe Leistungen wie wir sie in etliche Studien schon kennengelernt haben befähigt sind (siehe dazu auch die Kommentare z. B zu Chen & Pfennig, 2020; Alcott et al., 2020; Cassill & Watkins, 2022; De Meesters & Baeckens, 2021; Krochmal et al., 2021; Lin et al., 2024). Letztendlich ist es ja die Umwelt die den Lebewesen in ihren lokalen Lebensräumen die entsprechenden Fähigkeiten abverlangt um überlebensfähig zu bleiben (siehe dazu auch Miller et al., 2024; Lala et al., 2024; Burghardt, 2025; Wilkinson et al., 2025). Ich denke, dass Kognition so grundlegend für belebte Materie ist, dass wir dringend eine neue Definition brauchen für das, was wir im Deutschen für Geist oder im Englischen, Mind und Leben meinen!

Literatur

Alcott, D., M. Long & T. Castro-Santos (2020): Wait and snap: eastern snapping turtles (Chelydra serpentine) prey on migratory fish at road-stream crossing culverts. – Biology Letters 16(9): 20200218 oder Abstract-Archiv.

Burghardt, G.M. (2025): The enduring search for the nature of play. – International Journal of Play; DOI: 10.1080/21594937.2025.2464320 ➚.

Cassill, D. L. & A. Watkins (2022): Nest-site choice by loggerhead sea turtles as a risk-management adaptation to offset hatching failure by unpredictable storms and predators. – Frontiers in Ecology and Evolution 10: 850091 oder Abstract-Archiv.

Chen, C. & K. S. Pfennig (2020): Female toads engaging in adaptive hybridization prefer high-quality heterospecifics as mates. – Science 367(6484): 1377-1379 oder Abstract-Archiv.

De Meester, G. & S. Baeckens (2021): Reinstating reptiles: from clueless creatures to esteemed models of cognitive biology. – Behaviour 158(12-13): 1057-1076 oder Abstract-Archiv.

Krochmal, A. R., T. C. Roth & N. T. Simmons (2021): My way is the highway: the role of plasticity in learning complex migration routes. – Animal Behaviour 174(2): 161-167 oder Abstract-Archiv.

Lala, K. N., T. Uller, N. Feiner, M. W. Feldman & S. F. Gilbert (2024): Evolution Evolving: The Developmental Origins of Adaptation and Biodiversity. – Princeton University Press; S. 426; Quelle: press.princeton.edu/books/hardcover/9780691262413/evolution-evolving ➚.

Lin, F.-C., P.-J. L Shaner, M.-Y. Hsieh, M. J. Whiting & S.-M. Lin (2024): Trained quantity discrimination in invasive red-eared slider and a comparison with the native stripe-necked turtle. – Animal Cognition 27(1): 26 oder Abstract-Archiv.

Miller, W. B. Jr., F. Baluška, A. S. Reber & P. Slijepčević (2024): Biology in the 21st century: Natural selection is cognitive selection. – Progress in Biophysics and Molecular Biology 190: 170-184; DOI: 10.1016/j.pbiomolbio.2024.05.001 ➚.

Wilkinson, A., S. A. Reber, H. Root-Gutteridge, A. Dassow & M. J. Whiting (2025): Cold-blooded culture? Assessing cultural behaviour in reptiles and its potential conservation implications. – Philosophical transactions of the Royal Society of London. Series B, Biological sciences 380(1925): 20240129; DOI: 10.1098/rstb.2024.0129 ➚.

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