Galapagos-Riesenschildkröte, Chelonoidis nigra, wird mit einem Apfel aus der Unterkunft gelockt – © Hans-Jürgen Bidmon

De Meester - 2021 - 01

De Meester, G. & S. Baeckens (2021): Reinstating reptiles: from clueless creatures to esteemed models of cognitive biology. – Behaviour 158(12-13): 1057-1076.

Die Rehabilitierung von Reptilien: Von nicht zu Entscheidungen befähigten Kreaturen zu wertvollen Modellen für die Kognitionsbiologie.

DOI: 10.1163/1568539X-00003718 ➚

Chinesische Streifenschildkröte, Mauremys sinensis, – © Hans-Jürgen Bidmon
Chinesische Streifenschildkröte,
Mauremys sinensis,
© Hans-Jürgen Bidmon

Die nicht zu den Vögeln zählenden Reptilien wurden für lange Zeit von den Kognitionswissenschaften ausgeschlossen, weil sie eine Reputation als träge, unflexible und als nicht lernfähige Kreaturen hatten, aber diese unglückliche archaische Einschätzung beginnt sich nun schnell zu wandeln. Die letzten zwei Jahrzehnte zeigten, dass es zu einem neuen Interesse zur Erforschung der kognitiven Fähigkeiten von Reptilien kam. Dazu trug auch die Entwicklung von für Reptilien ökologisch relevanten Untersuchungsprotokollen bei, um diese Fähigkeiten auf messbare Weise zu adressieren. Erst jetzt erkennen wir an, dass Reptilien eindrucksvolle kognitive Fähigkeiten aufweisen wie die Fähigkeit zur Problemlösung, schnelle und flexible Lernfähigkeit, die Unterscheidungsfähigkeit von Mengen und sogar zum sozialen Lernen. Diese spezielle Literaturausgabe beleuchtet die derzeitigen Höhepunkte der Forschung in Bezug zur Kognitionsbiologie bei Reptilien und verweist auf die Vielfältigkeit der wissenschaftlichen Fragestellungen die mit Hilfe des Einbezugs von Reptilien als Studienmodelle beantwortet werden könnten. Hier adressieren wir knapp (die Schlüsselerkenntnisse) aus den dazu beitragenden Artikeln sowie die Rolle, die sie für das Unterfangen spielen Reptilien als vollwertige Bestandteile der kognitionsfokussierten biologischen Wissenschaft zu akzeptieren, was eine wesentliche Voraussetzung zum Verständnis der Evolution von Kognition im Tierreich ist. Ebenso diskutieren und stellen wir dar, welches vielversprechende Potential sich daraus ergibt, Reptilien als Modellorganismen innerhalb der verschiedenen Bereiche der Kognitionswissenschaft zu nutzen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Der Vorteil solcher Arbeiten sowie der Einfluss physikalischer wie z. B. thermischer Umwelteinflüsse auf Verhaltensentscheidungen usw. die zwangsläufig anders als bei Warmblütern auszusehen haben ermöglicht hier auch ganz neu Perspektiven insbesondere im Hinblick auf klimatische Anpassungsprozesse. Insofern lassen sich hier Umwelt-Organismus-Beziehungen ganz anders untersuchen und im Evolutionsgeschehen interpretieren als wir es bislang getan haben.
Siehe dazu aber auch z. B. Alcott et al., (2020) und Cassill & Watkins (2022) und die dortigen Kommentare.

Literatur

Alcott, D., M. Long & T. Castro-Santos (2020): Wait and snap: eastern snapping turtles (Chelydra serpentine) prey on migratory fish at road-stream crossing culverts. – Biology Letters 16(9): 20200218 oder Abstract-Archiv.

Cassill, D.L. & A. Watkins (2022): Nest-site choice by loggerhead sea turtles as a risk-management adaptation to offset hatching failure by unpredictable storms and predators. – Frontiers in Ecology and Evolution 10: 850091 oder Abstract-Archiv.

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