Santa-Cruz-Riesenschildkröte, Chelonoidis porteri, ein wanderndes Tier – © Christian Ziegler

Blake - 2024 - 01

Blake, S., F. Cabrera, S. Cruz, D. Ellis-Soto, C. B. Yackulic, G. Bastille-Rousseau, M. Wikelski, F. Kuemmeth, J. P. Gibbs & S. L. Deem (2024): Environmental variation structures reproduction and recruitment in long-lived mega-herbivores: Galapagos giant tortoises. – Ecological Monographs e1599 Early View.

Unterschiede in den Umweltbedingungen strukturieren die Reproduktion und den Populationszuwachs bei einer langlebigen Megaherbivoren: Galapagos-Riesenschildkröte.

DOI: 10.1002/ecm.1599 ➚

Santa-Cruz-Riesenschildkröte, Chelonoidis porteri, – © Stephen Blake
Santa-Cruz-Riesenschildkröte,
Chelonoidis porteri, ein senderbestückter Schlüpfling
auf Santa Cruz
© Stephen Blake

Wandernde, langlebige Tiere sind ein wichtiger Schwerpunkt für die Theorie über die Lebensgeschichte und Lebensweise von Tieren, da sie oft extreme Kompromisse bei in Bezug auf historischen Merkmale in ihrer Lebensgeschichte aufweisen: Verzögerte Geschlechtsreife, geringe Fruchtbarkeit, variable Populationszuwachsraten, lange Generationszeiten und Vitalitätsparameter, die auf Veränderungen unter verschiedenen Umweltbedingungen reagieren. Die Galapagos-Schildkröten sind ein ikonisches Beispiel: Sie sind langlebig, wandern saisonal, sind zahlreichen anthropogenen Bedrohungen ausgesetzt und haben kryptische frühe Lebensstadien, für die die Vitalitätsparameter unbekannt sind. Von 2012 bis 2021 untersuchten wir die Fortpflanzungsökologie von zwei Galapagos-Schildkrötenarten (Chelonoidis porteri und C. donfaustoi) entlang von Höhengradienten, die mit erheblichen Veränderungen des Klimas und der Vegetationsproduktivität zusammen fielen. Im Einzelnen haben wir (1) den Körper- und Fortpflanzungszustand von 166 erwachsenen Weibchen bestimmt, (2) die Bewegungen von 33 erwachsenen Weibchen mit Hilfe der Global-Positioning-System-Telemetrie verfolgt und ihren Körperzustand jahreszeitlich überwacht, (3) Nesttemperaturen, Gelegeeigenschaften und das Überleben der Eier aus 107 Nestern aufgezeichnet und (4) Radiotelemetrie zur Überwachung von Wachstum, Überleben und Bewegungen von 104 Jungtieren eingesetzt. Außerdem haben wir die Temperatur und den Niederschlag an Freilandeldstandorten überwacht und die Primärproduktivität entlang des Höhengradienten per Fernerkundung erfasst. Unsere Studie zeigte, dass Umweltvariabilität, vermittelt durch die Höhenlage, die Vitalitätsraten von Riesenschildkröten beeinflusst, insbesondere die Eiproduktion von erwachsenen Weibchen und die Rekrutierung von Jungtieren. Adulte Weibchen waren entweder Höhenwanderer oder hielten sich ganzjährig im Tiefland auf. Migranten hatten eine bessere Körperkondition als die standorttreuen Individuen und die Körperkondition war positiv mit der Wahrscheinlichkeit der Gravidität (Eianlagen) korreliert. Die Nester befanden sich in den heißesten und trockensten Teilen des Verbreitungsgebiets der Schildkröten, zwischen 6 und 165 m Höhe. Die Gelegegröße nahm mit der Höhenlage zu, während die Überlebensrate der Eier abnahm. Die Überlebensrate und das Wachstum der Schlüpflinge waren in den mittleren Höhenlagen am höchsten. Die Schlüpflinge verteilten sich schnell in einem Radius von 100m-750 m um ihre Schlupforte (Nester), bevor sie sesshaft wurden (innerhalb einer Fläche von <0,2 ha). Das für die Zukunft vorhergesagte Klima kann sich auf die Beziehungen zwischen der Höhe und den Überlebensparametern von Galapagos-Schildkröten und anderen Arten auswirken, die über Höhengradienten verteilt leben. Die Widerstandsfähigkeit wird maximiert, indem die Verbindung von Nahrungs- und Fortpflanzungsgebieten innerhalb der aktuellen und möglichen zukünftigen Höhenbereiche dieser Arten sichergestellt bleiben.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Gerade die Antwort auf die mit dem letzten Satz des Abstracts implementierten Frage bleibt wohl am wichtigsten für das Überleben dieser Riesenschildkrötenarten. Aber die frühere Arbeit von Deem et al. (2023) zeigt auch, dass noch Hoffnung besteht. Warum aber bei den adulten Schildkröten, die Wanderungen durchführen, eine bessere Körperkondition aufweisen als jene, die sesshaft und standorttreu leben, bleibt unklar. Sicher kann man davon ausgehen, dass wandernde Individuen allein schon aktiver sind. Aber Schildkröten sind keine Menschen! Bei ihnen sollten eigentlich eher energetische Optimalparameter die Vitalität bestimmen und da würde man dann wohl eher davon ausgehen, dass die sesshaften Individuen für sie optimale Mikrohabitate besiedeln während die Wanderer Energie verbrauchen müssen um solche zu finden. Oder handelt es sich dabei um unterschiedlich alte Individuen oder gar um Anzeichen einer Aufspaltung im Sinne von Speziation innerhalb einer Population. Letzteres könnte sogar durch den Klimawandel getriggert werden und zeigen, dass jene die wandern eine höhere Tendenz zur Adaptation aufweisen.

Literatur

Deem, S. L., S. Rivera, A. Nieto-Claudin, E. Emmel, F. Cabrera & S. Blake (2023): Temperature along an elevation gradient determines Galapagos tortoise sex ratios. – Ecology and Evolution 13(4): e100008 oder Abstract-Archiv.

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