Dornrand-Weichschildkröte, Apalone spinifera, ein Tier vom Yellowstone und die Crew – © Kayhan Ostovar

Ostovar - 2021 - 01

Ostovar, K., G. Wolff, D. Dockery, U. Hoensch, M. Ruggles, A. Massey, R. Robinett, & E. Radonski (2021): Population Structure of the Spiny Softshell Turtle (Apalone spinifera) in Five Montana Rivers. – Chelonian Conservation and Biology 20(2): 242-253.

Die Populationsstruktur der Dornrand-Weichschildkröte (Apalone spinifera) in fünf Flüssen Montanas.

DOI: 10.2744/CCB-1466.1 ➚

Dornrand-Weichschildkröte, Apalone spinifera, – © Kayhan Ostovar
Dornrand-Weichschildkröte,
Apalone spinifera,
ein Tier vom Yellowstone und die Crew
© Kayhan Ostovar

Um Flussschildkröten zu erhalten und deren Bestandserholung zu fördern benötigen Naturschutzmanager grundlegende Informationen über deren Unterpopulationen, deren Struktur und Vorkommenshäufigkeiten in mehreren Flüssen über geographisch großräumige Gebiete hinweg. Die Erfassung der Demographie und der morphologischen Charakteristika von verschiedenen Unterpopulationen kann dazu beitragen unser Wissen dazu zu bereichern wie menschliche Eingriffe die jeweiligen Mortalitätsraten und Reproduktionsraten beeinflussen. Wir untersuchten hier Dornrandweichschildkröten (Apalone spinifera) in fünf Flüssen am westlichsten Rand des Verbreitungsgebiets für diese Art im Süden von Zentralmontana, wo der kommerzielle Fang dieser Schildkröten verboten ist. Über 4 Jahre hinweg fingen wir 637 Dornrandweichschildkröten mit fischbeköderten Reusen. Unser Ziel war es dabei die Demographien für die Unterpopulationen im Yellowstone-Fluss – der als einer der intaktesten Flüsse in den zusammenhängenden USA gilt – sowie in 3 seiner Zuflüsse (wie Bighorn- und Clark Fork sowie dem Pryor Creek) und dem benachbarten Musselshell-Fluss zu untersuchen und zu vergleichen. Die Unterpopulationen unterschieden sich signifikant in Bezug auf die untersuchten demographischen Messparameter (z. B. Durchschnittliche Körpergröße oder Geschlechterverhältnis) und wir stellten dabei fest, dass es zu einer verringerten Anzahl Männchen (4 % - 15 %) gekommen ist. Das reproduktive Potential sowie die Mortalität von Adulttieren erwies sich für die einzelnen Flüsse als spezifisch wie es sich aus den Alters- und Größenklassenverteilungen und den vorgefundenen Histogrammen zu den Längenverteilungshäufigkeiten ablesen ließ. Diese Informationen die an noch durch den Abfang für die menschliche Nutzung unbeeinflussten Populationen erhoben werden konnten zeigen deutlich, dass sich die Unterpopulationen dieser Flussschildkröten bezüglich ihrer demographischen Parameter unterscheiden.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier haben wir einmal mehr einen Befund der ganz klar verdeutlicht, dass sich nicht nur Populationen, sondern auch Unterpopulationen unterscheiden. Etwas das wir ja häufig beobachten und zwar nicht nur bei Flussschildkröten, sondern auch bei den Landschildkröten, die ebenso lokalspezifische Unterschiede und Verhaltensweisen aufweisen (z. B. Lubcke & Wilson 2007; Turkozan et al., 2010; Inman et al., 2019 und die dortigen Kommentare). Letzteres ist auch zu erwarten, denn auch die Nahrungsangebote, Temperaturbedingungen und Mikrohabitateigenschaften weisen oft deutliche Unterschiede auf die es den Individuen abverlangen sich entsprechend anzupassen. Deshalb sind dann auch die Managementmaßnahmen auf die Berücksichtigung der lokalspezifischen Bedingungen notwendigerweise auszurichten. Ja und es werden sich sicher auch molekulargenetische Unterschiede die mit diesen lokalen Anpassungen einhergehen nachweisen lassen, genauso wie wir, wenn sie so wollen auf individueller Ebene solche Unterschiede sehen (Ich erinnere nur an die personenbezogene spezifische Medizin). Allerdings möchte ich dies hier auch einmal wieder zum Anlass nehmen darauf hinzuweisen, dass auch Lokalpopulationen schützens- und erhaltenswert sind, auch ohne daraus gleich eine neue Unterart oder gar Art zu machen. Sicher müssen wir die Lebewesen die wir schützen und erhalten wollen kennen, aber dazu ist es eigentlich nicht notwendig ständig jede kleine Abweichung als artspezifisches Charakteristikum zu deuten ohne das es dafür echte biologische Begründungen gibt wie dies häufig aus wie ich meine Übereifer geschieht. Denn wir bauen damit nur innerhalb eigentlich zusammenhängender Bestände (Netzwerke) Grenzen auf die der eigentlichen Populations- und Arterhaltung im Wege stehen. Siehe dazu auch Vilaca et al., (2021) und den dortigen Kommentar. Deshalb denke ich, dass eigentlich völlig ausreicht sich bei den Schutzmaßnahmen auf die geographische Lokalitätsverteilung und Beschreibung einer Art zu stützen.

Literatur

Inman, R., A. S. Fotheringham, J. Franklin, T. Esque, T. Edwards & K. Nussear (2019): Local niche differences predict genotype associations in sister taxa of desert tortoise. – Diversity and Distributions 25(8): 1194-1209 oder Abstract-Archiv.

Lubcke, G. M. & D. S. Wilson (2007): Variation in shell morphology of the Western Pond Turtle (Actinemys marmorata Baird and Girard) from three aquatic habitats in northern California. – Journal of Herpetology 41(1): 107-114 oder Abstract-Archiv.

Türkozan, O., F. Kiremit, J. F. Parham, K. Olgun & E. Taskavak (2010): A quantitative reassessment of morphology-based taxonomic schemes for Turkish tortoises (Testudo graeca). – Amphibia-Reptilia 31(1): 69-83 oder Abstract-Archiv.

Vilaca, S. T., R. Piccinno, O. Rota-Stabelli, M. Gabrielli, A. Benazzo, M. Matschiner, L. S. Soares, A. B. Bolten, K. A. Bjorndal & G. Bertorelle (2020): Divergence and hybridization in sea turtles: Inferences from genome data show evidence of ancient gene flow between species. – Molecular Ecology 30(23): 6178-6192 oder Abstract-Archiv.

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