Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, ein Albino-Schlüpfling – © Justin R. Perrault

Sato - 2023 - 01

Sato, H., N. Adachi S. Kondo, C. Kitayama & M. Tokita (2023): Turtle skull development unveils a molecular basis for amniote cranial diversity – Science Advances 9(46): eadi6765.

Die Schädelentwicklung bei Schildkröten liefert eine Erklärung für die molekulare Grundlage für die Schädelunterschiede der Amniota.

DOI: 10.1126/sciadv.adi6765 ➚

Chinesische Dreikielschildkröte, Mauremys reevesii, – © Hans-Jürgen Bidmon
Chinesische Dreikielschildkröte,
Mauremys reevesii,
einjähriges Jungtier im Aquaterrarium
© Hans-Jürgen Bidmon

Der Aniotenschädel zeigt eine diverse Vielfalt bezgl. der Architektur einschließlich einer bemerkenswerten Vielfalt bei der Anzahl verschiedensten Temporalknochenbögen die das obere und untere temporale Fenster umgeben. Allerdings blieben die zellulären und molekularen Grundlagen für diese Diversitätsvielfalt bislang unbekannt. Schildkröten liefern ein gutes Modell, um diese Schädelformvielfalt zu verstehen, da bei Schildkröten während der Entwicklung sich sekundär verschlossene temporale Fenster und verschiedenste Ausprägungen von temporalen Ausgrenzungen (Knochenrandreduktionen der dermalen Knochen) ausbilden. Hier analysierten wir die Embryonalentwicklung bei drei Schildkrötenarten mit verschiedenen Ausprägungsgraden dieser knöchernen temporalen Ausgrenzungen und wir identifizierten die weit verbreitete, gemeinsame Coexpression von den am Anfang stehenden osteogenen Genen Msx2 und Runx2 und die mehr speziesspezifische nachgeschaltete Expression der knochenbildenden Gene Sp7 und Sparc in den Schädeln. Die weitere Analyse dieser Genexpression in der temporalen Schädelregion bei verschiedensten Embryonen der Amniota (Nabeltiere) legt nahe, dass die räumliche-temporale Genregulation von Msx2, Runx2 und Sp7 die Grundlage für die Unterschiede bei den Schläfenbeinformen bei den Amniota darstellt. Zudem leistet das Vorhandensein des Msx2- und/oder Runx2-positiven temporalen Mesenchyms mit seinen osteogenen Eigenschaften einen Beitrag zur extremen Vielfalt bei der Schädelmorphologie bei den Reptilien.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier zeigt sich einmal mehr wie die drastischen anatomischen Abweichungen vom generellen Bauplan der Wirbeltiere bei Schildkröten, wie Panzerbildung mit nach innen verlegtem Schultergürtel und hier mit seinen sekundär verschlossenen temporalen Schläfenbeinfenstern eine weiter Möglichkeit boten die molekularen Grundlagen für die Schädelformvielfalt der Amnioten zu entschlüsseln. Untersucht wurde hier die Schädelentwicklung bei Embryonen von Suppenschildkröten, Chelonia mydas, Chinesischen Dreikielschildkröten, Mauremys reevesii und Chinesischen Weichschildkröten, Pelodiscus sinensis. Siehe dazu auch MacCord et al., (2015) und den dortigen Kommentar.

Literatur

MacCord, K., G. Caniglia, J. E. Moustakas‐Verho & A. C. Burke (2015): The dawn of chelonian research: Turtles between comparative anatomy and embryology in the 19th century. – Journal of Experimental Zoology Part B Molecular and Development Evolution 324(3): 169-180 oder Abstract-Archiv.

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