Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, ein Albino-Schlüpfling – © Justin R. Perrault

Weber - 2011 - 01

Weber, S. B., J. D. Blount, B. J. Godley, M. J. Witt & A. C. Broderick (2011): Rate of egg maturation in marine turtles exhibits’ universal temperature dependence. – Journal of Animal Ecology 80(5): 1034-1041.

Die Rate der Eireifung bei Meeresschildkröten zeigt eine universelle Temperaturabhängigkeit.

DOI: 10.1111/j.1365-2656.2011.01850.x ➚

Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, – © Hans-Jürgen Bidmon
Grüne Meeresschildkröte,
Chelonia mydas,
© Hans-Jürgen Bidmon

Die Rate der Eireifung bei Meeresschildkröten zeigt eine universelle Temperaturabhängigkeit.

  1. Die metabolische Theorie der Ökologie (MTE) sagt voraus, dass die Geschwindigkeit, mit der die meisten biologischen Prozesse ablaufen, Schwankungen aufweist, die sich als universelle Funktion der Temperatur darstellen, wenn man eine Korrektur aufgrund der verschiedenen Körpergewichte einrechnet. Allerdings sind die empirischen Beobachtungen einer universellen Temperaturabhängigkeit (UTD) derzeit zweideutig und basieren nur auf einer geringen Anzahl von Studien und der Untersuchung weniger Parameter.
  2. Bei vielen wechselwarmen Tieren ist die Rate, mit der Weibchen reife Eier produzieren, abhängig von der Temperatur und diese stellt einen wichtigen Faktor in Bezug auf die energetischen Kosten der Reproduktion dar.
  3. Wir testeten, ob die Rate der Eireifung bei Meeresschildkröten in Abhängigkeit zur Umgebungstemperatur schwankt, so wie es von der MTE vorausgesagt wird. Dazu untersuchten wir für individuelle Weibchen die Zeitspanne, die zwischen zwei Gelegen liegt, um zu ermitteln in welchem Abstand neue Gelege angelegt werden. Wir untersuchten ebenso den jeweiligen phänotypischen Beitrag, indem wir die Radiotelemetrie nutzten, um wiederholte Messungen der Ablageintervalle für einzelne Suppenschildkröten (Chelonia mydas) zu erfassen.
  4. Bei den radiotelemetrisch verfolgten Suppenschildkröten beschleunigte sich die Rate der Eireifung mit dem saisonalen Anstieg der Temperatur. Die Messungen ließen sich aber für die einzelnen Weibchen nicht wiederholen und die Eireifung erfolgte unabhängig von der Körpergröße der Weibchen oder dem mütterlichen Einsatz der Reproduktionsenergie (Anzahl und Größe der abgelegten Eier).
  5. Unter Benutzung der zusammengefassten Daten, die für mehrere Populationen unterschiedlicher Arten von Meeresschildkröten erhoben worden waren, können wir zeigen, dass die meisten Schwankungen, die man in Bezug auf die Eireifung beobachtet, durch eine einzige Beziehung, nämlich der zur Wassertemperatur, erklärt werden können. Die Kurve, die sich aus dieser Beziehung errechnen lässt, ist statistisch nicht signifikant abweichend von der UTD, die durch die MTE vorhergesagt wird. Zudem gibt es alternative statistische Modelle zur Beschreibung der Beziehung zwischen Temperatur und Eireifungsraten, die vergleichbare Ergebnisse liefern.
  6. Unsere Daten untermauern die durch die MTE vorhersagbare UTD für biologische Prozessabläufe, obwohl die diesem Phänomen zu Grunde liegenden Prozesse noch genauerer Untersuchungen bedürfen. Die strenge Temperaturabhängigkeit der Eireifung sowie der offensichtlich relativ geringe Beitrag phänotypischer Parameter auf diesen Prozess der Eireifung, haben interessante, verhaltensmäßige Konsequenzen für wechselwarme Tiere. Wir vermuten, dass das mütterliche Thermoregulationsverhalten bei Meeresschildkröten und etlichen anderen Reptilien darauf abzielt, eine Strategie zu realisieren, um adaptiv die Köpertemperatur zu erhöhen und dadurch die Eireifung zu beschleunigen.

 

Kommentar von H.-J. Bidmon

Dass es eine gewisse, und wie hier gezeigt relativ eindeutige Temperaturabhängigkeit in Bezug auf die Eireifung und Eiablage gibt wird vielfach beobachtet. Allerdings müsste das noch gezielter untersucht werden, da die Eireifung noch nichts über den Schlupferfolg aussagt. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Eireifungsrate bei eierlegenden Tieren auch von den Reserven sowie von der verfügbaren Nahrungsmenge mit abhängig ist und sehr wahrscheinlich nur optimal ausgestattete Eier auch einen guten Schlupferfolg garantieren, da man entsprechende Nahrungsbestandteile ja direkt im Ei nachweisen kann (Craven et al. 2008). Sicher lässt sich der Schlupferfolg wesentlich schwieriger mit der Eireifungsrate korrelieren, weil hier noch mehrere Parameter wie Befruchtungsrate durch die Männchen und die Umweltbedingungen während der Gelegeinkubation ins Spiel kommen. Allerdings, ohne diese weiteren Faktoren berücksichtigt zu haben, besagt ja die reine Eireifungsrate nur, dass damit die Weibchen ihre Reproduktionschancen erhöhen, aber noch nichts über den Erfolg dieser Bemühungen aus. Es könnte ja auch sein, dass in sehr kurzen Abständen hintereinander abgelegte Gelege mit einer reduzierten Schlupfrate einhergehen, weil Eireifung ja auch mit Dottersynthese, die auch von der Nahrungsverfügbarkeit abhängig ist, einhergeht, so dass zu schnell reifende Oozyten eventuell auch unterversorgt sein können, um die vollständige Entwicklung eines Embryos zu gewährleisten. Falls Letzteres der Fall sein sollte, wäre das in Bezug auf eine Kosten-Nutzen-Abwägung des Energieeinsatzes für die Reproduktion nicht gerade günstig. Siehe auch: Litzgus et al. 2008.

Literatur

Craven, K. S., J. Parsons, S. A. Taylor, C. N. Belcher & D. W. Owens (2008): The influence of diet on fatty acids in the egg yolk of green sea turtles, Chelonia mydas – Journal of Comparative Physiology B – Biochemical Systemic and Environmental Physiology 178(49): 495-500 oder Abstract-Archiv.

Litzgus, J. D., F. Bolton & A. I. Schulte-Hostedde (2008): Reproductive output depends on body condition in spotted Turtles (Clemmys guttata). – Copeia 2008(1): 86-92 oder Abstract-Archiv.

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