Gelbkopfschildkröte, Indotestudo elongata, mit Radiotransmitter frisst Blätter – © Matthew Ward

Ward - 2021 - 01

Ward, M., B. M. Marshall, C. W. Hodges, Y. Montano, T. Artchawakom, S. Waengsothorn & C. T. Strine (2021): Nonchalant neighbours: Space use and overlap of the critically endangered elongated tortoise. – Biotropica 53(5): 1342-1355.

Unbeschwerte Nachbarn: Die Lebensraumnutzung und Überlappung bei der gefährdeten Gelbkopfschildkröte.

DOI: 10.1111/btp.12981 ➚

Gelbkopfschildkröte, Indotestudo elongata, – © Matthew Ward
Gelbkopfschildkröte,
Indotestudo elongata, mit Transmitter
© Matthew Ward

Um zu verhindern, dass Arten aussterben müssen wir die Ansprüche dieser Arten verstehen und letzteres trifft besonders auf die Arten zu die als hochgradig gefährdet anzusehen sind und die die sogenannten Biodiversitätsschwerpunkte (Hotspots) besiedeln. Die Untersuchung der Bewegungsmuster solcher Arten liefert meist schon die notwendigen Erkenntnisse um die Schutzgebiete effektiv zu managen. Die Schutzgebiete in Südostasien werden immer mehr voneinander isoliert was es zunehmend erschwert die Überlebensfähigkeit der betroffenen Populationen zu erhalten. Wir verwendeten hier die Radiotelemetrie bei der hochgradig bedrohten Gelbkopfschildkröte (Indotestudo elongata) um damit deren Bewegungsmuster, die Raumnutzung und die Überlappung der von den einzelnen Individuen genutzten Lebensraumbereiche in einem kleinen geschützten Areal dem Sakarat-Biosphärenreservat, Thailand zu untersuchen. Die Bewegungsmuster erwiesen sich als schwach saisonal verändert wobei mehr Wanderungen während der heißen Regenzeit als während der Trockenzeit erfasst wurden und die jährliche Lebensraumgröße reichte von 4.24 - 55.57 Hektar, wobei sich die von beiden Geschlechtern genutzten Flächen häufig überlappten. Der Vergleich zwischen den Geschlechtern zeigte, dass die Männchen (n = 5) gleiche Bewegungsmuster wie die Weibchen (n = 12) aufwiesen, aber meist eine größere Arealfläche durchstreiften. Obwohl sich mehr Beobachtungen machen ließen bei denen die Geschlechter zusammenkamen als dass sie sich aus dem Weg gingen (20:8) ließ sich erkennen, dass dieses Anziehungs-/Vermeidungsverhalten unabhängig von der Größe der Einzelindividuen war. Aus letzterer Beobachtung schließen wir, dass diese Interaktionsmuster eher durch die vorhandenen Orte an denen bestimmte Ressourcen zur Verfügung stehen (Paarungspartner & Futter) bestimmt werden als dass sie durch Konkurrenzverhalten geprägt wären (z. B. gab es keine Anhaltspunkte dafür das kleinere Individuen den größeren Individuen aus dem Weg gingen). Während unserer zeitlich begrenzten Erfassungsphase ergaben sich auch für die Weibchen-Weibchen-Interaktionen (Attractions) keine Befunde dafür, dass die Individuen Ausschlusstaktiken anwenden, um sich gegenseitig bestimmte Ressourcen streitig zu machen. Die Interaktionen zwischen Männchen und Weibchen lassen saisonale Bewegungsmuster erkennen die mit der Reproduktion in Beziehung stehen, aber wir konnten keine signifikanten interaktiven Auswirkungen erfassen die die Anziehung und deren Dauer zwischen den Geschlechtern mit der Fortpflanzungsaktivität verdeutlichten. Unsere Beobachtungen zur jährlichen Lebensraumnutzung und deren Überlappung liefern wichtige Komponenten zur Erstellung tragfähiger Populationserfassungen zur erfolgreichen Erhaltung von I. elongata. Im Kontext unserer früheren Arbeiten die den Zusammenhang zwischen einer überlappenden Lebensraumnutzung mit der Populationsüberlebensfähigkeit verdeutlichen lassen unsere Ergebnisse den Schluss zu, dass die Biosphärenreservatspopulation von I. elongata sich als Reproduktionsfähig erweist und noch über ausreichend Ressourcen verfügt. Letzteres unterstreicht die Wichtigkeit zur Erhaltung auch relativ kleiner natürlicher Schutzgebietsflächen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier haben die Autoren wohl zeigen können, dass auch ein kleines Schutzgebiet eine intakte Population einer Art erhalten kann, wenn es in der Lage ist die entsprechenden von dieser Spezies benötigten Ressourcen wie Nahrung und Nistplätze bereitzustellen. Viele Arten sind gar nicht von sich aus so bewegungsfreudig und energieverschwendend wie häufig angenommen, wenn ihnen ihr Lebensraum auch auf geringeren Flächen ihre benötigten Ressourcen bietet. Insofern sind großflächig genutzte Habitate auch oft ein Anzeichen dafür, dass die von einer Art benötigten Ressourcen eben über weite Strecken verteilt zu finden sind (siehe Lamont et al., 2021; Roth & Krochmal, 2016; Iosif, 2012 und die dortigen Kommentare). Dies kann aufgrund natürlicher Gegebenheiten so sein aber immer dann, wenn wir feststellen, dass sich die Bewegungsmuster innerhalb einer Population immer mehr gegenüber früheren Bestimmungen erweitern sollten wir das als einen Hinweis für eine sich verändernde Ressourcenverfügbarkeit zur Kenntnis nehmen und wenn es dabei um Artenschutz geht auch rechtzeitig berücksichtigen. Ja, eventuell auch möglichst schnell dafür sorgen, dass sich die Ressourcenverfügbarkeit nicht noch weiter verschlechtert sofern es noch möglich sein sollte. Sicher nicht alle Veränderungen lassen sich aufhalten, insbesondere, wenn es sich wie beim Klimawandel um großräumige Veränderungen wie Austrocknung etc. handelt, aber auch da hieße es entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, die es den betroffenen Arten ermöglicht ihren Lebensraum entsprechend zu verlagern (siehe Martin & Root, 2020 und den dortigen Kommentar).

Literatur

Iosif, R. (2012): Railroad-associated mortality hot spots for a population of Romanian Hermann’s tortoise (Testudo hermanni boettgeri): a gravity model for railroad-segment analysis. – Procedia Environmental Sciences 14: 123-131 oder Abstract-Archiv.

Lamont, M., D. Johnson & D. J. Catizone (2021): Home ranges and Movements of Two Diamondback Terrapins (Malaclemys terrapin macrospilota) in Northwest Florida. – Estuaries and Coasts oder Abstract-Archiv.

Martin, A. K. & K. V. Root (2020): Challenges and Opportunities for Terrapene carolina carolina under Different Climate Scenarios. – Remote Sensing 12(5): 836 oder Abstract-Archiv.

Roth, T. C. II & A. R. Krochmal (2016): Cognition-centered conservation as a means of advancing integrative animal behavior. – Current Opinion in Behavioral Sciences 6: 1-6 oder Abstract-Archiv.

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