Madagassische Spinnenschildkröte, Pyxis arachnoides, ein Jungtier im Aufzuchtterrarium – © Hans-Jürgen Bidmon

Walker - 2012 - 04

Walker, R .C. J., N. Whitmore, T. H. Rafeliarisoa & S. Hamylton (2012): The effect of habitat degradation on the long term survival of the Critically Endangered Madagascar spider tortoise (Pyxis arachnoides). – Biological Conservation 152: 152-158.

Die Auswirkungen der Habitatzerstörung auf das Langzeitüberleben der stark gefährdeten Madagaskar Spinnenschildkröte (Pyxis arachnoides).

DOI: 10.1016/j.biocon.2012.03.035 ➚

Madagassische Spinnenschildkröte, Pyxis arachnoides, – © Hans-Jürgen Bidmon
Madagassische Spinnenschildkröte,
Pyxis arachnoides,
© Hans-Jürgen Bidmon

Pyxis arachnoides bewohnt die trockenen Küstenwälder im Südwesten Madagaskars, eine biologisch einzigartige Ökoregion, die durch eine kleinbäuerliche landwirtschaftliche Nutzung stark gefährdet wird. Unter Verwendung von entfernt gemessenen Daten kalkulierten wir, dass der ungehindert fortschreitende Vegetationsverlust innerhalb des Untersuchungsgebiets den Berechnungen zufolge bei 1,2 % Jahr liegt, was in etwa dem ökoregionweitem Verlust an Vegetation zwischen 1990-2000 entspricht. Wir bestimmten die Populationsdichte in vier Untersuchungen, die über acht Jahre verteilt lagen, und bildeten ein Stadien-Klassen-Projektionsmatrix-Modell, um die wirkliche Zuwachsrate zu modellieren und die Matrixsensitivität und die Schwankungen in der Population zu erfassen. Die aktuell durchgeführten Felderfassungen ergaben zwischen 2003 und 2011 einen durchschnittlichen Populationsrückgang von 10,8 %. Unser Projektionsmatrix-Modell ergab eine finale Wachstumsrate k=0,986, was etwa einer Abnahme von 1,4 % pro Jahr für die Dauer der Existenz der Population entspräche, wobei die Überlebensfähigkeit der adulten Schildkröten der wichtigste Parameter für die Populationserhaltung ist. Das Projektionsmodell lässt vermuten, dass in etwa 170 Jahren die Population nicht mehr überlebensfähig ist. Da unsere Untersuchung sehr stark dadurch beeinflusst ist, dass wir Hilfsdaten (aus anderen Regionen) benutzen mussten, ist eigentlich mehr Information nötig, z. b. über die Überlebensrate der subadulten Tiere sowie über die Reproduktionsrate im natürlichen Habitat.
Unser Untersuchungsgebiet beherbergt im Vergleich eine Population mit einer außergewöhnlichen Dichte, sodass davon auszugehen ist, dass andere weniger dichte Populationen, die weiterhin Gefährdungen wie der Wilderei ausgesetzt sind, viel früher erlöschen würden. Diese Studie hebt den Nutzen von Populationsprojektionsmatrizen zur Bestimmung des Gefährdungsgrads für Schildkrötenpopulationen hervor, die ja ein global bedrohtes Taxon repräsentieren. Im Fall der Spinnenschildkröten ist es erforderlich, eine bessere Koordination bei den Populationsentwicklungsprogrammen zu erreichen, und ein engeres Netz an geschützten Flächen zu managen, um die Kräfte zu stoppen, die diese Spezies ihrem Aussterben immer näher bringen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Wie schon in früheren Arbeiten zu diesem Thema ausgeführt ist es auch der Faktor Mensch, der den größten Anteil an diesen Populationsrückgängen hat, und auch hier wäre es wohl eher die Verbesserung der sozioökonomischen Situation der Kleinbauern und Feldarbeiter, die weiterhelfen könnte. Denn wer will es diesen Menschen verdenken, sich auch mit Hilfe der Wilderei zu ernähren oder gar etwas dazu zuverdienen. Wir werden durch reine Populationsanalysen – so viel Spaß es auch einem Biologen machen mag –, die Situation nicht ändern können. Denn auch heute sind doch diese Schilderungen nur Beobachtungen, die den Rückgang begleiten und uns berichten, ohne dass auch nur in etwa eine tragfähige Lösung in Sicht wäre.

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