Chinesische Dreikielschildkröte, Mauremys reevesii, Einjähriges Jungtier im Aquaterrarium – © Hans-Jürgen Bidmon

Tada - 2007 - 01

Tada, N., M. Saka, F. Shiraishi & Y. Kamata (2007): A field study on serum vitellogenin levels in male Reeves' pond turtles (Chinemys reevesii) from estrogen-contaminated sites and a reference site. – Science of the Total Environment 384(1-3): 205-213.

Eine Feldstudie zum Serumvitellogeninspiegel bei männlichen Teichschildkröten (Chinemys reevesii) aus Östrogen-kontaminierten Habitaten und Vergleichshabitaten.

DOI: 10.1016/j.scitotenv.2007.05.035 ➚

Chinesische Dreikielschildkröte, Mauremys reevesii, – © Hans-Jürgen Bidmon
Chinesische Dreikielschildkröte,
Mauremys reevesii,
einjähriges Jungtier im Aquaterrarium
© Hans-Jürgen Bidmon

Um zu untersuchen, ob wild lebende männliche Schildkröten von in der Umwelt vorhandenen Östrogenen beeinflusst werden, untersuchten wir die Vittellogeninspiegel (VTG, Dottereiweiße) bei männlichen Teichschildkröten (Chinemys reevesii), die an vier Untersuchungsorten (A-D) in der Umgebung von Kyoto, Japan gesammelt worden waren. Die Untersuchungorte A-C waren beeinträchtigt durch örtliche und Industrieabwässer oder wurden durch die Abflüsse aus Kläranlagen gespeist und repräsentierten die kontaminierten Standorte. Der Standort D lag in einer unbelasteten Vergleichsregion. Die kontaminierten Orte sowie die der Referenzort wurden für ein Jahr kontrolliert und charakterisiert, indem wir die Östrogenaktivitäten übers Jahr hinweg bestimmten. Die Serum-VTG-Spiegel der Schildkröten wurden mit einem Enzym-gekoppelten Immunoassay quantifiziert. Die Östrogenaktivität der Wasserproben wurde mit einem validierten Hefedoppelhybridassay bestimmt und als 17ß-Östradiolequivalente gemessen. Östrogenaktivitäten wurden in hohem Maße während der Untersuchungsperiode in den Standorten A-C nachgewiesen und waren fast nicht nachweisbar am Standort D: Die Durchschnittswerte und Spannen lagen bei 0,74 (<0,07-2,1), 0,52 (0,17-1,6), 1,7 (<0,07-7,3), und 0,07 (<0,07-0,62) ng/l an den Orten A-D. Signifikante Unterschiede ergaben sich nur für den Referenzstandort D im Vergleich zu A, B und C. Somit konnte klar gezeigt werden, dass wir hier kontaminierte Standorte mit einem Referenzstandort verglichen. Insgesamt wurden 320 männliche Schildkröten untersucht. Die Mehrheit der Schildkröten zeigte noch normale VTG-Spiegel (0,10-0,74 µg/ml). Allerdings zeigten auch fünf der Schildkröten aus den Standorten A-C außergewöhnlich hohe VTG-Spiegel (1,1-5,9 µg/ml), die annähernd eine 10er Potenz höher lagen als die Normalwerte, aber auch diese waren noch um einiges niedriger als die Normalwerte bei adulten Weibchen. Es gab keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Häufigkeit erhöhter VTG-Spiegel zwischen den Standorten A-C und D. Vielmehr war es so, dass eine der fünf Schildkröten, die zwei Monate nach der ersten Messung wiedergefangen werden konnte, nun für die Wiederholungsmessung einen Normalwert zeigte. Diese ungewöhnlich hohen VTG-Werte könnten durch eine zufällige höhere Belastung bedingt sein und/oder durch individuenspezifische Agentien verursacht werden. Wenn man die außergewöhnlichen hohen VTG-Serumspiegel unberücksichtigt lässt, lagen die Durchschnittswerte im Mittel bei 0,22 (0,10-0,74), 0,27 (0,11-0,62), 0,27 (0,17-0,68), und 0,23 (0,10-0,57) µg/ml für die Reihenfolge der Standorte A-D. Somit ergaben sich keine signifikanten Unterschiede für die mittleren VTG-Werte zwischen den Standorten A-D. Obwohl auch geklärt werden sollte, warum die ungewöhnlich hohen Werte an den Standorten A-C auftraten, lassen unsere Ergebnisse vermuten, dass wild lebende männliche C. reevesii nicht signifikant von den umwelttoxikologisch relevanten, xenobiotischen Östrogenspiegeln in ihrer Umwelt in Bezug auf ihren Serumvitellogeningehalt beeinflusst werden.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit scheint die für Schnappschildkröten erhobenen Befunde zu untermauern (siehe: Cheek (2006)). Allerdings sind Vitellogenine Dottereiweiße, die normalerweise während der Eianlage in der Leber der Weibchen gebildet werden und dann übers Blut zu den reifenden Oozyten transportiert werden, um dort eingelagert zu werden. Ob solche zyklusabhängigen Proteine im Serum männlicher Tiere überhaupt einen sensitiven Marker für eine von Umweltöstrogenen ausgelöste Beeinflussung darstellen, müsste erst einmal gezeigt werden. Zumindest sollte aber überprüft werden, ob sich bei männlichen Tieren die Vitellogeninspiegel z. B. während der Balz und der Paarungsbereitschaft verändern, das würde einem nämlich zeigen, ob und wie sensitiv bei männlichen Tieren die Leber auf Veränderungen bei den Sexualsteroidhormonen reagiert. Denn anderenfalls könnte man die Befunde nur so verstehen, dass sich diese fünf betroffenen Männchen zufällig zur Zeit einer hochkonzentrierten, nur sporadisch erfolgenden Einleitung am unmittelbaren Ort der Einleitung kontaminiert hatten, also bevor sich ein Verdünnungsfaktor einstellen konnte.

Literatur

Cheek, A. O. (2006): Subtle sabotage: endocrine disruption in wild populations. – Revista de Biologia Tropical 54(1): 1-19 oder Abstract-Archiv.

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