Lederschildkröte, Dermochelys coriacea, auf Grenada nistend – © Kate Charles, Ocean Spirits Inc.

Santidrián Tomillo - 2015 - 01

Santidrián Tomillo, P., V. S. Saba, C. D. Lombard, J. M. Valiulis, N. J. Robinson, F. V. Paladino, J. R. Spotila, C. Fernández, M. L. Rivas, J. Tucek, R. Nel & D. Oro (2015): Global analysis of the effect of local climate on the hatchling output of leatherback turtles.   Scientific Reports 5: 16789.

Eine globale Analyse der Auswirkungen der lokalen Klimaveränderungen auf die Schlupfraten von Lederrückenschildkröten.

DOI: 10.1038/srep16789 ➚

Lederschildkröte, Dermochelys coriacea, – © Jeanette Wyneken
Lederschildkröte,
Dermochelys coriacea,
© Jeanette Wyneken

Die derzeit aktuellsten Prognosen zum Klimawandel zeigen einen globalen Temperaturanstieg einhergehend mit Verschiebungen bei den Niederschlagsmengen während des 21. Jahrhunderts. Allerdings weichen die Prognosen für die einzelnen lokalen Regionen erheblich von den globalen (Gesamt-) Prognosen ab. Arten, die eine weltweite, globale Verbreitung haben, werden regional unterschiedlich vom Klimawandel betroffen sein. Hier zeigen wir die Auswirkungen, die die lokalen klimatischen Bedingungen auf die Schlupfraten von Lederrückenschildkröten (Dermochelys coriacea) haben für vier verschiedene Niststrände, die im Pazifik, Atlantik und im Indischen Ozean liegen. Wir fanden sehr heterogene (unterschiedliche) klimatische Veränderungen. Dabei stieg die Schlupfrate dort an, wo es zu länger anhaltenden Regenfällen kam und zwar in Regionen, die früher trocknere klimatische Bedingungenaufwiesen (Playa Grande, Pazifischer Ozean und Sandy Point, in der Karibischen See). Die Auswirkungen schwankten aber in Regionen, die vorher hohe Niederschlagsmengen aufwiesen (Pacuare, Karibischen See). Keine Veränderungen ergaben sich in klimatisch moderaten Regionen (Maputaland, Indischer Ozean). Hohe Lufttemperaturen reduzierten die Schlupfraten in den Regionen, wenn es zu saisonalen Trockenphasen kam (Playa Grande). Die Klimaprognosen zeigen einen drastischen Anstieg bei den Lufttemperaturen und eine schwache Abnahme bei den Niederschlägen bis zum Jahr 2100 für alle untersuchten Lokalitäten. Die schlechtesten Bedingungen sagen die Prognosen für Sandy Point vorher, einer Region in der die Schlupfraten zurzeit schon im Einklang mit der abnehmenden Niederschlagsmenge stark rückläufig sind. Diese heterogene Verteilung der Auswirkungen des Klimawandels bedingen, dass einige der lokalen Nistpopulationen erlöschen, während andere in 2100 noch überleben werden.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit wie ich finde liefert einen realistischen Überblick über die Überlebensszenarien dieser Art oder auch beispielhaft für alle Meeresschildkrötenarten. Zudem hat sie ein prognostisches Potential, denn sie zeigt die Niststrände und deren Bedingungen auf, wo diese Schildkröten überleben können, sprich sich erfolgreich reproduzieren können: Also die Regionen in deren Erhaltung es sich lohnt zu investieren. Ich möchte auch anmerken, dass diese Klimaverschiebungen auch dazu führen werden, dass neue klimatisch günstige Niststrände (Regionen) entstehen werden. Wir sehen hier ganz klar jetzt schon, dass – wenn die Konnektivität erhalten bleibt und das ist hier im Meer gegeben   es zu Verschiebungen kommt, nicht jedoch zum Aussterben. Im Naturschutz und der Arterhaltung haben wir ja oft das Problem, dass aufgrund von Veränderungen Arten lokal verschwinden, während sie oft andernorts sogar zunehmen (z.B. Birkhühner sind in der Rhön vom Aussterben bedroht, aber längst nicht in Skandinavien). Hier sehen wir das gleiche Phänomen, denn man kann fast daraus schließen, dass sie hier auch wieder zunehmen würden, sobald die nächste Eiszeit Mitteleuropa erfasst. Wichtig ist, dass wir für die betroffenen Arten die Konnektivität (sprich die Möglichkeiten) in regional günstigere Regionen abwandern zu können aufrechterhalten. Ja und dort, wo wir das nicht mehr können, müssen wir ernsthaft darüber nachdenken, ob wir solche vom Klimawandel betroffene Arten nicht auch aktiv umsiedeln müssen, wenn wir sie erhalten wollen. Dabei sollten wir auch nicht zu kleinkariert denken, denn solche Verschiebungen richten sich weder nach Gemeinde-, Landkreis-, oder gar Staatsgrenzen. Hier ist per se globales Denken und Handeln gefragt.
Siehe dazu auch Kommentare zu: Buhlmann et al. (2009), Lee (2011) und Van Houtan et al. (2015).

Literatur

Buhlmann, K. A., T. S. B. Akre, J. B. Iverson, D. Karapatakis, R. A. Mittermeier, A. Georges, A. G. J. Rhodin, P. P. Van Dijk & J. W. Gibbons (2009): A Global Analysis of Tortoise and Freshwater Turtle Distributions with Identification of Priority Conservation Areas. – Chelonian Conservation and Biology 8(2): 116-149 oder Abstract-Archiv.

Lee, H. (2011): Climate change, connectivity, and conservation success. – Conservation Biology 25(6): 1139-1142 oder Abstract-Archiv.

Van Houtan, K. S., J. M. Halley & W. Marks (2015): Terrestrial basking sea turtles are responding to spatio-temporal sea surface temperature patterns. – Biology Letters 11(1): 20140744 oder Abstract-Archiv.

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