Afrikanische Schnabelbrustschildkröte, Chersina angulata, – © Hilmar Hufer

Mann - 2006 - 01

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Mann, G. K. H., M. J. O'Riain & M. D. Hofmeyr (2006): Shaping up to fight: sexual selection influences body shape and size in the fighting tortoise (Chersina angulata). – Journal of Zoology 269(3): 373-379.

Kampfoptimierte Körperform: Sexuelle Selektion beeinflusst Körperform und Größe bei der kämpfenden Landschildkröte, Chersina angulata.

DOI: 10.1111/j.1469-7998.2006.00079.x ➚

Afrikanische Schnabelbrustschildkröte, Chersina angulata, – © Victor Loehr
Afrikanische Schnabelbrustschildkröte,
Chersina angulata
Fundort: Namaqualand,
Northern Cape, South Africa
© Victor Loehr ➚

Die afrikanische Schnabelbrustschildkröte Chersina angulata ist eine besondere Südafrikanische Schildkröte unter den anderen Spezies der Region, da sie einen ungeteilten, stark verlängerten Gularschild als ventrale Verlängerung des Plastrons trägt, welchen sie zum Rammen und Umschmeißen ihrer arteigenen Rivalen benutzt. Dieses Verhalten brachte ihr die Reputation einer kämpfenden Schildkröte ein. Hier, in dieser Arbeit testen wir die Hypothese, dass die Morphologie dieser Spezies das Ergebnis einer intrasexuellen (innerartlichen) Selektion darstellt. Die Untersuchungen wurden an der auf der Insel Dassen lebenden Population im September 2004 durchgeführt. Die Schildkröten wurden gefangen und im Feld einer Datenerfassung in Bezug auf Körpermasse und der Registrierung 5 morphologischer Merkmale unterzogen. Es wurden insgesamt 144 Männchen und 99 Weibchen gesammelt. Männchen waren signifikant größer als Weibchen, was auf alle genommen Körpermaße zutraf. Männchen hatten signifikant längere Gularschilde (F=17,783, P < 0,005, n=242) und eine größere hintere Carapaxbreite (F=143,664, P < 0,005, n=242) relativ zur Körpergröße im Vergleich zu Weibchen. Insgesamt wurden 66 Kämpfe zwischen Männchen im Feld beobachtet. Die Gewinner waren immer signifikant länger als die Verlierer (t=2,238, P < 0,034, n=28) und hatten eine signifikant größere Breite des posterioren Carapaxes relativ zur eigenen Carapaxmitte (F=5,591, P=0,026, n=28). Die Gularlänge war irrelevant für den Kampferfolg. Schildkröten beider Geschlechter wurden auf den Rücken gelegt, um die Umdrehreaktion (Righting) zu testen. Männchen zeigten im Vergleich zu Weibchen eine signifikant bessere Umdrehreaktion (chi[2]=5,347, P=0,0208, n=70). Daraus wurde geschlossen, dass die hintere Carapaxbreite ein wesentlich wichtigeres Merkmal für den Kampferfolg darstellt als die Gularlänge, und es deutet sich an, dass die hintere Carapaxbreite zusammen mit der Umdrehreaktion Maße für die sexuelle Selektion bei männlichen Schnabelbrustschildkröten darstellen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Da sieht man mal wieder, welchen innerartlichen Zwängen das männliche Geschlecht unterliegt. Aber Spaß beiseite; auch hier zeigt sich, welchem Selektionsdruck die Form der Tiere unterliegt. Er muss nicht immer gleich sein, denn bei Wasserschildkröten zeigen meist die Weibchen die bessere Umdrehreaktion. Ebenso sind es bei den Indischen Sternschildkröten meist die massigeren Weibchen, die sich mehr Konkurrenz machen als die Männchen, die bestenfalls Ausdauer brauchen, um zum Kopulationserfolg zu kommen. Allerdings zeigt sich hier deutlich, dass eine Artabgrenzung, die nur auf morphologischen Kriterien beruht, oft irreführend sein kann, insbesondere dann, wenn über die Biologie und die Biotope der Art so gut wie nichts bekannt ist. Letzteres trifft aber fast zwangsläufig auf alle fossilen Funde zu. Wer einmal aus Wissenschaftsinteresse ein schönes Beispiel für eine heute meist noch vertretene Fehlinterpretation lesen möchte, dem empfehle ich Manger, P. R. (2006).

Literatur

Manger, P. R. (2006): An examination of cetacean brain structure with a novel hypothesis correlating thermogenesis to the evolution of a big brain. – Biological Reviews 81(2): 293-338; DOI: 10.1017/S1464793106007019 ➚.

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