Kalifornische Gopherschildkröte, Gopherus agassizii, – © H. Bradley Shaffer

Johnson - 2006 - 01

Johnson, A. J., D. J. Morafka & E. R. Jacobson (2006): Seroprevalence of Mycoplasma agassizii and tortoise herpesvirus in captive desert tortoises (Gopherus agassizii) from the Greater Barstow Area, Mojave Desert, California. – Journal of Arid Environments 67: 192-201.

Seroprävalenz von Mycoplasma agassizii und dem Schildkröten-Herpesvirus in Gefangenschaft lebenden Kalifornischen Gopherschildkröten (Gopherus agassizii) aus dem Großraum Barstow, Mojave-Wüste, Kalifornien.

DOI: 10.1016/j.jaridenv.2006.09.025 ➚

Kalifornische Gopherschildkröte, Gopherus agassizii, – © H. Bradley Shaffer
Kalifornische Gopherschildkröte,
Gopherus agassizii,
© H. Bradley Shaffer

Obere Erkrankungen des Respiratorischen-Trakts (URTD) sind vermutlich mit ein Grund für den Rückgang wild lebender Gopherschildkrötenpopulationen, Gopherus agassizii in der westlichen Mojave-Wüste. Eine der Erklärungen für den Ausbruch dieser Erkrankung geht davon aus, dass aus Gefangenschaftshaltung entflohene oder ausgesetzte Landschildkröten die wilden Populationen infizierten. Da mittlerweile Mycoplasma agassizii und Schildkrötenherpesviren als wichtige Pathogene identifiziert sind untersuchten wir insgesamt 179 in Gefangenschaft gehaltene Landschildkröten im Großraum um Barstow im San Bernadino County (Distrikt) Kaliforniens während der Jahre 2000 bis 2001, um die Verbreitung dieser Krankheitserreger zu erfassen. Ein indirekter Enzym-gekoppelter Immunoadsorbent-Assay (ELISA) wurde durchgeführt, um Antikörper gegen Mycoplasma agassizii (n = 179) und Schildkrötenherpesviren (n = 109) nachzuweisen. Anti-Mycoplasma-Antikörper waren in 82,7 % der Landschildkröten nachweisbar, während Anti-Herpesvirus-Antikörper nur in 26,6 % gefunden wurden. Es konnte eine positive Korrelation zwischen Schildkröten mit Anti-Mycoplasma-Antikörpern und dem klinischen Schweregrad der URTD-Symptomatik (p = 0,001) und mit den Alterskategorien festgestellt werden, wobei adulte Schildkröten häufiger positiv (p < 0,001) getestet wurden. Es ergab sich keine Assoziation mit der Exposition zu Herpesviren. Es gab auch keinen nachweisbaren Zusammenhang in Bezug auf das Geschlecht der Schildkröten und dem Pathogenbefall für beide Erreger. Die Befunde legen nahe, dass in Gefangenschaft gehaltene Landschildkröten tatsächlich ein Infektionsrisiko für frei lebende Wüstenschildkröten darstellen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Obwohl man sich gewünscht hätte, dass diese Daten etwas früher publiziert worden wären als erst 2006, so verweisen sie uns doch auf einen, wie ich meine, etwas vernachlässigten oder verkannten Aspekt. Denn diese Daten legen nahe, dass Infektionen mit Mykoplasmen für die Gesundheit und die Überlebenschancen der Schildkröten weiter reichende Auswirkungen haben können, als das Herpesvirus. Zudem eine klare Warnung an alle, die da meinen, wir könnten wild lebende Populationen einfach mal so mit ausgewilderten Gefangenschaftsnachzuchten aufstocken! Die hohe Ausbreitungsrate bei den in Gefangenschaft gehaltenen Schildkröten lässt ebenfalls aufhorchen, denn sie deutet an, dass gerade Mykoplasmen sich wesentlich rascher und leichter verbreiten als Herpesviren und werfen die Frage auf, wie steht es mit Farmnachzuchten? Denn innerhalb solcher Farmen gibt es ein sehr hohes Verbreitungsrisiko für diese weltweit nachgewiesen Pathogene. Während Herpesinfektionen oft mit einer schnellen, drastischen Dezimierung der Bestände seine eigene Verbreitung eingrenzen dürfte, haben gerade Mykoplasmen das Potential, aufgrund ihrer milderen Anfangssymptomatik die Bestände komplett zu durchseuchen. Konkrete Frage: Hatten Testudo graeca schon immer so häufig unter URTD zu leiden oder ist das schon eine der Auswirkungen, weil diese Spezies wesentlich früher „gefarmt“ wurde als die anderen europäischen Arten? Außerdem wurde erst jüngst in einem Brief darauf aufmerksam gemacht, welche Ausmaße der Export amerikanischer Schildkröten nach Asien, insbesondere China angenommen hat (Haitao et al. (2007)), und es wäre naiv zu glauben, dass diese Erreger nicht mitexportiert werden! Auf alle Fälle sollten diese Befunde aber klar machen, wie dringend eigentlich therapeutisch wirksame Maßnahmen gegen solche Mykoplasmeninfektionen gebraucht werden.

Literatur

Haitao, S., J. F. Parham, M. Lau & T.-H. Chen (2007): Farming Endangered Turtles to Extinction in China. – Conservation Biology 21(1): 5-6 oder Abstract-Archiv.

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