Georgia-Gopherschildkröte, Gopherus polyphemus, – © Brian Folt

Elbers - 2018 - 01

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Elbers, J. P., M. B. Brown & S. S. Taylor (2018): Identifying genome-wide immune gene variation underlying infectious disease in wildlife populations – a next generation sequencing approach in the gopher tortoise. – BMC Genomics 19(1): 64.

Die Identifizierung genomübergreifender Variationen der Immungene die den Infektionskrankheiten bei wildlebenden Populationen zu Grunde liegen – Ein Sequenzierungsansatz der nächsten Generation für Gopherschildkröten.

DOI: 10.1186/s12864-018-4452-0 ➚

Georgia-Gopherschildkröte, Gopherus polyphemus, – © Tracey D. Tuberville
Georgia-Gopherschildkröte,
Gopherus polyphemus,
© Tracey D. Tuberville

Hintergrund
Infektionskrankheiten stellen eine große Gefahr für die betroffenen Taxa dar wie z.B. bei Amphibien (Chytridpilze), bei Fledermäusen (Weißnasen-Syndrom), beim Tasmanischen Teufel (Teufelsgesichtstumorerkrankung) und beim Schwarzfußiltis (Carrésche Krankheit/Staupe). Obwohl das Verständnis zu den genetischen Ursachen für diese Erkrankungsanfälligkeit wichtig ist um ein langfristiges Überleben dieser Tiergruppen zu gewährleisten beschränken sich die meisten Untersuchungen nur auf die MHC- und Toll-like-Rezeptorgene. Um nun besser zu verstehen welche genetischen Grundlagen die Anfälligkeit für solche Infektionskrankheiten bei einer schützenswerten Art mitbestimmen sequenzierten wir alle bekannten/vermuteten Immunreaktionsgene (z.B., die Immunome) bei 16 Florida-Gopherschildkröten, Gopherus polyphemus. Alle Schildkröten produzierten Antikörper gegen Mycoplasma agassizii (ein ätiologisches Agenz für Obere-Atemwegserkrankungen; URTD) wobei zur Zeit der Probenentnahme klinische Erkrankungsanzeichen vorlagen (n = 10) oder abwesend waren (n = 6).

Ergebnisse
Wir fanden mehre Varianten die mit dem klinischen Status von URTD assoziiert waren bei den Komplement- und Lektingenen die eine Rolle bei der Immunität gegenüber Mykoplasma spielen könnten. Insgesamt wichen 35 Gene vom Neutralstatus nach Tajima's D ab. Diese Gene waren erhöht in Bezug auf ihre Funktionen die in Bezug stehen zu Modifikationen (Veränderungen) bei Makromolekülen und Proteinen die essentiell sind für die Funktion des Immunsystems.

Schlussfolgerung
Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass es genetische Unterschiede gibt die einen Einfluss auf den Schweregrad der Erkrankung haben. Letzteres ist ein Befund der sich mit denen bei anderen Mykoplasmaerkrankungen deckt. Dies hat Auswirkungen für das überregionale Erhaltungsmanagement von Schildkröten, denn es könnte zwischen den geographischen Populationen genetische Variationen geben die einhergehen mit einem höheren Schweregrad der Erkrankung oder einer besseren Abwehr von URTD. Etwas allgemeiner ausgedrückt zeigt diese Arbeit 1. Das ein breiteres Augenmerk auf die Immungene vorteilhafter ist um wichtige Varianten zu identifizieren und 2. kann dieser Untersuchungsablauf daraufhin angepasst und abgeändert werden um auch für andere Taxa Allele zu identifizieren die für deren Sensitivität oder Resistenz gegenüber Erkrankungen wesentlich sind und die daher wichtige Informationen dazu liefern können, das Anfälligkeitsrisiko von Populationen gegenüber solchen Erkrankungen besser einzuschätzen. Zudem liefern sie Informationen die für Umsiedlungsaktionen wichtig sind, da man dadurch auch die genetische Variationsbreite hin zu einer erhöhten Resistenz gegenüber bestimmten Erkrankungen steuern kann und die Daten können dazu beitragen potentielle Behandlungsmaßnahmen zu entwickeln.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun wird hier im Abstract nur auf die Anzahl der bei Mykoplasmainfektion veränderten Gene hingewiesen und es würde auch zu weit führen sie hier aufzuzählen. Wen die genauer interessieren der sollte sich die Orginalarbeit besorgen. Allerdings möchte ich doch auf einige allgemein bedeutsame Punkte aufmerksam machen. Zum einen den, dass es also individuelle und populationsspezifische genetische Unterschiede gibt die einen Einfluss auf den Schweregrad einer Erkrankung haben oder gar die Resistenz gegenüber einer Erkrankung mitbestimmen. Schön wäre es noch gewesen, wenn hier noch auf eventuelle geschlechtsspezifische genetische Unterschiede eingegangen worden wäre, denn auch da kann es Unterschiede geben die Einfluss auf Krankheitsverläufe haben. Zum zweiten möchte ich wiederholter Maßen darauf verweisen, dass die nachgewiesen Immungene für Makromoleküle und Proteine kodieren die letztendlich die jeweiligen Erreger bekämpfen und abwehren was wieder deutlich macht wie wichtig für das Immunsystem und die Abwehr Proteine sind und wie krankheitsanfällig Proteinmangel machen kann. Ja und zuletzt noch ein Punkt den die Autoren selbst im Abstract hervorheben, nämlich die Steigerung genetischer Variabilität auch bei den Immungenen, denn auch und gerade dort ist sie zur Erregerabwehr und zur Überlebenssicherung äußerst wichtig und kann sogar im positiven Sinne genutzt werden. Etwas das wir zwar bei Wildtieren und Wildpflanzen meist nicht so sehr anstreben aber was wir aus der Haus- und Nutztierzucht durchaus seit langem kennen nämlich die Zucht möglichst krankheitsresistenter Rassen oder Lokalformen. Letzteres kann aber auch für bestandsbedrohte Wildtiere und Pflanzen durchaus von Nutzen sein und zum Managementziel gehören insbesondere dann, wenn wir die betroffene Art sowieso nur noch als gemanagte Art erhalten können. Letzteres hängt von einem hohen Genfluss ab und der vermindert sich mit dem Verlust an Konnektivität zwischen den Populationen und mit dem Absinken von deren Individuenzahl (siehe dazu auch den Kommentar zu Soares et al., 2018 und die dort zitierte Literatur).

Literatur

Soares, L. S., K. A. Bjorndal, A. B. Bolten, M. A. G. dei Marcovaldi, P. B. Luz, R. Machado, R. Lo, S. F. McDaniel, A. C. Payton, T. B. Waltzek & M. L. Wayne (2018): Effects of hybridization on sea turtle fitness. – Conservation Genetics 19: 1311-1322 oder Abstract-Archiv.

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